Capri-Sonne – oder Kunst für den Haushalt
Im Dutzend billiger – und wenn die Nachricht bei möglichst vielen ankommt, ist die Mission erfüllt! Eine erhellende Schau zeigt in der Pinakothek der Moderne Multiples von Joseph Beuys
Haben Sie auch einen Beuys? Ginge es nach dem Mann mit dem Filzhut, dann dürften Sie jetzt ein sachlich-beiläufiges Ja in die Runde werfen. Ungefähr so, als wäre nach einem Eierkocher gefragt worden, nach Socken oder einer Schlagbohrmaschine. Denn der Künstler, der fast 30 Jahre nach seinem Tod immer noch für Aufregung sorgt – man denke an die im letzten Jahr erschienene Biografie –, hatte großes Interesse daran, dass sich nicht nur finanzkräftige Sammler an seinem OEuvre delektieren. Wobei Joseph Beuys (1921– 1986), der gewitzte Anthroposophie-Apostel, natürlich auch seine Ideen in die weite Welt hinausgestreut wissen wollte. Was sich bei Unikaten oder Performances dann doch eher schwierig gestaltet. „Ich bin ein Sender“ lautet der vielsagende Titel der neuen Beuys-Ausstellung in der Pinakothek der Moderne, in der so genannte Multiples gezeigt werden. Kunst von der Stange, könnte man ketzerisch sagen, denn die Auflage dieser „Arbeiten“ kann schon mal ins Unendliche reichen – etwa bei den Postkarten. Zuweilen sind’s dann aber auch nur 20, 30 oder sparsame zehn wie beim „Element“ (1982), bestehend aus einer Kupfer- und einer Eisenplatte.
Zu den 7000 Eichen gab's je einen "Hasenstein"
Seit Mitte der 1960er Jahre hat Joseph Beuys diese „Antennen“, wie er die Multiples nannte, kreiert. Mehr als 500 sind entstanden, in sehr unterschiedlichen Formaten und Materialien. Und im intensiven Austausch – er war für jede Anregung offen – mit seinen Herausgebern wie dem Münchner Galeristen- und Verleger-Duo Bernd Klüser und Jörg Schellmann, dem Berliner René Block oder dem jetzigen Präsidenten der Akademie der Künste Berlin, Klaus Staeck, mit dem Beuys auch in politischer Mission durch die Lande zog.
In der Pinakothek ist deshalb nicht nur Exemplarisches der umfassenden Multiples-Kollektion der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (mit ein paar Leihgaben) zu sehen, sondern es werden auch die Entstehungsgeschichte, die Rolle der Herausgeber, die Funktion der Objekte und ihre Vielfalt aufgefächert. Man erfährt, wie das legendäre 7000-Eichen-Projekt für die Documenta 1982 zustande kam – zu jedem Bäumchen gab’s einen „Hasenstein“ zu erwerben, heute nennt man das Fundraising. Und natürlich sind Filzanzüge, der Schlitten oder die sagenumwobene „Capri-Batterie“ zu sehen, die alle „1000 Stunden“ mit einer neuen Zitrone „aufgetankt“ werden muss – selber schuld, wer hier Zitrone bleibt und sich nicht amüsiert. Denn das ist eine entscheidende Komponente, die uns die Multiples und erst recht den Künstler näher bringt. Den lernt man hier eh besser kennen als in so mancher ausladenden Beuys-Gedächtnisschau.
Bis 10. Januar 2015. Die Webseite www.pinakothek-beuys-multiples.de informiert über die wichtigsten Objekte des Hauses
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