Bayerns frühes Faible für das Bauhaus

Eine Ausstellung in der Pinakothek der Moderne zeigt: Der erste Direktor der 1925 gegründeten Neuen Sammlung hat direkt in Weimar und Dessau eingekauft
von  Christa Sigg
Berühmt war lange Zeit nur ihr Mann Josef Albers. Ein Fehler, denn Anni Albers hat Wandbehänge, Stoffe und Teppiche entworfen, die bis heute nichts von ihrer abstrakten Klasse eingebüßt haben und ein herrliches Pendant zur entsprechenden Malerei darstellen. Albers, die fast zehn Jahre am Bauhaus war, überließ bei ihren Textilien nichts dem Zufall, sie wurden exakt auf dem Papier vorbereitet. Fragil wie solche Objekte inzwischen sind, dürfen sie kaum noch auf Reisen gehen. Man sieht auch an den schmaleren Partien des Wandbehangs No. 175 von 1925, dass die verschiedenen Materialien Baumwolle, Seide, Chenille- oder Bouclégarn ganz unterschiedlichen Alterungsprozessen unterliegen.
Berühmt war lange Zeit nur ihr Mann Josef Albers. Ein Fehler, denn Anni Albers hat Wandbehänge, Stoffe und Teppiche entworfen, die bis heute nichts von ihrer abstrakten Klasse eingebüßt haben und ein herrliches Pendant zur entsprechenden Malerei darstellen. Albers, die fast zehn Jahre am Bauhaus war, überließ bei ihren Textilien nichts dem Zufall, sie wurden exakt auf dem Papier vorbereitet. Fragil wie solche Objekte inzwischen sind, dürfen sie kaum noch auf Reisen gehen. Man sieht auch an den schmaleren Partien des Wandbehangs No. 175 von 1925, dass die verschiedenen Materialien Baumwolle, Seide, Chenille- oder Bouclégarn ganz unterschiedlichen Alterungsprozessen unterliegen. © VG Bildkunst

Wenn man László Moholy-Nagy glauben darf, dann stand München durchaus als Standort für das Bauhaus zur Debatte. Das heißt, 1925, als die heute legendäre Kunstschule Weimar aus politischen Gründen verlassen musste. Womöglich hat Moholy-Nagy, der Künstler und Assistent von Bauhaus-Direktor Walter Gropius, auch nur geblufft und versucht, Druck in Dessau aufbauen. Dorthin ist die Institution dann bekanntlich auch gezogen.

Aber man fragt sich natürlich schon: Was wäre aus dem Bauhaus in der Landeshauptstadt geworden? Womöglich hätte es noch früher dichtgemacht? Wobei durch die reformierte Debschitz-Schule und Richard Riemerschmid ja durchaus der Boden für gute Formen bereitet war. Und in München wurde 1925 auch der Bauhaus-Verlag vom Verlag Albert Langen fortgeführt. Es gab also Anknüpfungspunkte – und einen frühen,
vorausblickenden „staatlichen“ Sammler.

Am Puls der Zeit

Günther Freiherr von Pechmann war Gründungsdirektor der Neuen Sammlung und wie der Titel andeutet: am Puls der Zeit. Er erwarb Keramik und ein großes Konvolut an Textilien – etwa von der fabelhaften Anni Albers oder Gunta Stölzl –, Metallgegenstände und Spielzeug. 40 Objekte dieser stattlichen Kollektion sind nun in die Ausstellung „Reflex Bauhaus“ in der Pinakothek der Moderne gewandert.

Die Runde ist schon deshalb sehenswert, weil man ja doch dauernd die Wagenfeld-Leuchte im Kopf hat. Die steht auch – klein – im Zentrum. Außerdem haben fünf Künstler ausgesuchte Bauhaus-Objekte neu interpretiert. Bei der Modedesignerin Ayzit Bostan wird Breuers Lattenstuhl zur Liege, der Komponist Junya Oikawa hat sich zum Schachspiel von Josef Hartwig eine Soundinstallation ausgedacht. Dieser „Reflex“ mag nicht in jedem Fall nachvollziehbar sein. Aber das passt auch wieder zum Bauhaus, diesem bis heute erstaunlichsten deutschen Experimentallabor.

Pinakothek der Moderne, bis 2. Februar 2020, Di bis So 10 bis 18, Do bis 20 Uhr; Katalog (Koenig Books London) 20 Euro

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