Ausstellung: Überm Fuji fliegt der Astro Boy

Das schmale Land ist ein Akkord aus Lapislazuliblau, Malachitgrün und Gold - und über allem thront erhaben der Fuji. Der japanische Künstler Ogata Korin (1658-1716) bemalte den mehrteiligen Paravent im so genannten Rimpa-Stil. Er bildet den Auftakt zur aktuellen Sonderausstellung "Rimpa feat. Manga", die Meisterwerke des 17. bis frühen 20. Jahrhunderts aus der Sammlung Hosomi in Kyoto für sechs Wochen im Museum Fünf Kontinente präsentiert.
Auch Gustav Klimt ließ sich davon inspirieren
Das 1998 von der Unternehmerfamilie Hosomi erbaute Museum besitzt eine gut sortierte Kollektion, die einen Überblick über Japans Kunst-Produktion seit dem 8. Jahrhundert gibt. Nach München durften trotz Pandemie eine Reihe von Exponaten reisen, obwohl diese Malerei auf Seide und Papier höchst fragil ist. Weil man am zunächst geplanten Ausstellungsort Corona-bedingt kalte Füße bekam, konnte MFK-Direktorin Uta Werlich die Schau der Japan Foundation kurzfristig nach München holen.
"Rimpa" beinhaltet schwungvolle Tusche-Konturen, ineinanderfließende Farben, stilisierte Formen und schimmernden Goldgrund. Kein Wunder, dass sich auch Gustav Klimt davon inspirieren ließ. Die Schau bietet einen guten Überblick: Man findet Werke der Rimpa-Urväter Tawayara Sotatsu und Honami Koetsu, bekannt für Kalligraphie und Keramik. Aus adeligem Haus stammte Sakai Hoitsu, dessen mit Ahornblättern bemalter Fächer etwa besonders elegant wirkt.
Sein begabtester Schüler wiederum war Suzuki Kiitsu, der als Erneuerer gilt - was man anhand der ausgestellten großflächigen, aquarellierten Blumen und Vögel gut nachvollziehen kann. Und wie bildfüllend die "Schönheit des übriggebliebenen Weiß" in einer weitgehend leeren Fläche ist, lässt sich im dreiteiligen Hochformat "Der Berg Fuji und die Krähen" beobachten, dessen minimalistische Motivik sich vor dem inneren Auge zur Landschaft vervollständigt.

Von Kamisaka Sekka, der sich wiederum Jugendstil-Anregung aus Europa holte, leuchten knallrotes Ahornlaub und lila Glyzinien um die Wette. Eindrucksvoll ist die mit wenigen Strichen pointierte Pinselzeichnung "Welpe mit Besen" von Ito Jakuchu, Illustration eines Zen-Koans zur Frage nach der Buddha-Natur des Hundes. Und auch Jakuchus "Hahn, Hühner und Küken" in Lebensgröße auf einem Paravent wirken herrlich lebendig.
Alten Meistern werden moderne Manga-Geschöpfe gegenübergestellt
Dass eines der Hühner plötzlich um das türkishaarige Manga-Mädchen Hatsune Miku scharwenzelt, wirkt da kaum seltsam. In "Rimpa feat. Manga" werden den Alten Meistern moderne Manga-Geschöpfe gegenübergestellt. Eine belebende Grundidee, die im Detail zunächst irritiert, aber inhaltlich überzeugt: Populär- und Hochkultur gehen in Japan ineinander über. So stehen Mangas in der Tradition der Holzschnittkunst, mit der für jedermann erschwingliche Bilder geschaffen wurden.
Mitarbeiter des Kimono-Ateliers Toyowado in Kyoto erstellten Kopien in Originalgröße und fügten in die Landschaften, Tier- und Pflanzendarstellungen einige der bekanntesten Figuren ein: So begegnet man etwa dem Astro Boy mit Raketenbeinen neben "Kudzu-Blüten im Mondschein" oder Prinzessin Saphir, der ersten weiblichen Manga-Heldin in einer Szene, die im Ursprung aus dem Ise Monogatari, einer Geschichten-Sammlung aus dem 10. Jahrhundert stammt.
Da knabbert dann auch Unico, das blaue Einhörnchen, am Besen des Unsterblichen Hanshan und das wandelnde Bärenkostüm Rilakkuma versteckt sich zwischen Kamisaka Sekkas Schwertlilien. Große Augen, Kindchen-Schema - allesamt sind die Comic-Wesen geschlechtslos und sehr niedlich. Oder auf Japanisch: "Kawaii!"
Museum Fünf Kontinente, Maximilianstraße 42, bis 9. Januar, Di - So 9.30 bis 17.30 Uhr