Auf Wildpferd-Pirsch mit der Taschenlampe

Die Archäologische Staatssammlung zeigt Höhlenkunst der Eiszeit – in fabelhaften Fotografien
Christa Sigg |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News

Plupp ... plupp ... plupp ... Irgendwo tropft es zögerlich vor sich hin. Der Fantasie hilft das schnell auf die Sprünge, noch dazu in dieser Dunkelheit. Und es ist zappenduster, ohne Taschenlampe geht hier gar nix. Was sich dann aber im Lichtschein auftut, ist umso aufregender. Stricheleien, mal kräftig, mal zart, eine Herde Wisente, virtuos in Szene gesetzt, eine Herde kraftvoller Pferde, rotbraun koloriert, zwischendurch auch mal ein Bär und ein Mammut. Oder ein offensichtlich weibliches Wesen mit unsäglichem Hinterteil. Vor dem Auge breitet sich die älteste Kunst der Menschheit aus – Höhlenmalerei aus der Eiszeit.

Die ist natürlich nicht im Original zu sehen, selbst Forscher haben oft nur noch in Ausnahmefällen Zugang zur sagenhaften Höhlenwelt Südfrankreichs und Nordspaniens – die Rede ist von Niaux, Chauvet, Le Portel, Lascaux, Ekain, El Castillo und dem berühmten Altamira (das im Deutschen Museum nachgebildet ist). Aber weil ein ziemlich höhlenverrückter Bühnenbildner in den 1960er und 70er Jahren mit aller Vorsicht fotografieren durfte, sind die kostbaren Schätze nicht nur festgehalten, sondern auch für Normalos im Museum „zugänglich”. In diesem Fall ist es die Archäologische Staatssammlung, die in einer einfachen wie wirkungsvollen Schau nun die Aufnahmen Heinrich Wendels (1915-1980) zeigt.

Sensationelles Gefühl für Form und Komposition

Für die Bühnen in Wuppertal oder Düsseldorf entwickelte Wendel plastische Raumprojektionen, und man merkt auch bei seinen Höhlenfotografien, dass da ein Gestalter im besten Sinne am Werk war. Einer, den die meist beengte Situation zwischen Stalaktiten und allenfalls für Kinder zu erreichenden Nischen erst recht beflügelt hat. Dazu besaß Wendel die richtigen Kontakte, durch die Vermittlungen der Felsbild-Koryphäe Herbert Kühn durfte er zu diesen längst geschützten Geheimnissen vordringen.

Im Schein der Taschenlampe gerät man selbst in einen Forschersog. Und staunt in einer Tour, was vor 40000 bis 14000 Jahren möglich war. Frappierend, die Kreativität, mit der unsere Vorfahren das Holzkohlestück angesetzt haben, das sichere Gefühl für Form und Komposition! Allein in der 1878 entdeckten Höhle von Niaux im Pyrenäenvorland hat man 800 Bilder gefunden: Pferde, Steinböcke, ein Hirsch, wenige Menschen und immer wieder Wisente.

Jagdtiere dominieren diese Malereien, und man fragt sich natürlich, wozu der immense Aufwand betrieben wurde. Deko im Sinne „Schöner Wohnen” konnte es kaum sein, zumal vieles schwer erreichbar ist. Eher darf man von kultischen Orten ausgehen. Durch die Enge hatten wohl nur wenige Auserwählte Zugang. Vermutlich konnten auch nur Eingeweihte Bilder und Zeichen entschlüsseln. Das hat seinen Reiz, heute vermutlich mehr noch als vor Tausenden von Jahren.

Archäologische Staatssammlung, Lerchenfeldstraße 2, bis 19. Januar 2014, Dienstag bis Sonntag 9.30 bis 17 Uhr

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.