ArtMuc: Eine Kunstmesse für alle

Seit fünf Jahren gibt es das Festival "Artmuc" – mit wachsendem Erfolg. Am Donnerstag geht es in die nächste Runde. Ein Gespräch mit dem Initiator Raiko Schwalbe.  
von  Christa Sigg
Tapete oder Schürze? Egal! „Housewife 64“ von Kristina Kanders.
Tapete oder Schürze? Egal! „Housewife 64“ von Kristina Kanders. © ArtMuc

Seit fünf Jahren gibt es das Festival "Artmuc" – mit wachsendem Erfolg. Am Donnerstag geht es in die nächste Runde. Ein Gespräch mit dem Initiator Raiko Schwalbe.

Dass man für Kunst vor allem ein dickes Portemonnaie braucht, wollte er nie akzeptieren. Gut so, denn das hat Raiko Schwalbe dazu gebracht, sich neue Formate der Präsentation auszudenken. Und das funktioniert prächtig, seit fünf Jahren gibt es die "Artmuc", und die Besucher wer den auch ab Donnerstag wieder strömen.

AZ: Herr Schwalbe, Sie werben mittlerweile mit Superlativen.
RAIKO SCHWALBE: Aber die Artmuc ist inzwischen Bayerns größtes Kunstfestival! Wir hatten im letzten Jahr 13 000 Besucher.

Sprechen wir von einer Ausstellung oder einer Messe?
Kunstmessen gibt es wie Sand am Meer und man verbindet damit auch gleich die großen Formate wie die Art Basel oder die Art Cologne. Mir ist es wichtig, dass diese klassische Galerie-Schwellenangst gar nicht erst aufkommt. Die Artmuc soll jeden ansprechen, unterhalten, Spaß machen – und zwar ganz unmittelbar durch die Kunst. Wenn ich erst zwei Seiten Text lesen muss, um mit einem Werk etwas anfangen zu können, passt das nicht zur Artmuc.

Was gibt es zum 5-jährigen Jubiläum?
80 Künstler und 15 Galerien aus ganz Europa sind diesmal vertreten, man bekommt einen Querschnitt durch die zeitgenössische Szene. Dann bespielt der portugiesische Künstler Joao Carvalho mit fünf, sechs Kollegen einen eigenen Bereich, das wird spannend. Die Zusammenarbeit mit Akademien oder Hochschulen gehört auch wieder dazu. Diesmal können Studierende der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film einen eigenen Raum gestalten.

Kann man das als Talentförderung verstehen?
Auch. Wichtig ist doch, dass die Studierenden aus der Airbag-Situation der Akademie herauskommen und lernen, sich in der freien Wildbahn zurecht zu finden. Das beginnt beim Aufbau einer Ausstellung und endet beim Verkauf. Das aktive Vermarkten gehört ja nicht zur normalen Ausbildung, aber von irgendwas müssen auch Künstler leben.

Wie sehen Sie als Berliner den Kunststandort München?
Ich wohne seit 20 Jahren in München, aber ich habe natürlich auch meine Erfahrungen mit Kunst-Events in Berlin gemacht. Und immer noch gilt: Berlin ist arm, aber sexy.

Sind Sie deshalb nach München gewechselt?
Ja. In Berlin hatte ich mit meinem Bruder Marco ab 2006 eine Galerie, und wir organisierten dort auch die erste Galerie-Messe "Stroke Art Fair". Aber wenn man für die Ausstellungsbox nicht mehrere Tausend Euro verlangt, sondern nur drei-, vierhundert, bleibt eben kein Geld für Werbung. Bei den unzähligen Angeboten in Berlin fällt man da nicht mehr auf.

München ist überschaubar.
München hat aber auch eine tolle Mischung. Zum einen gibt es eine ganz ausgeprägte Hochkultur, das Kunstareal setzt da einfach Maßstäbe. Auf der anderen Seite haben wir auch eine sehr gute Subkultur. Allerdings mit dem Problem, dass die Künstler kaum noch finanzierbaren Raum finden, um ihre Arbeit zu zeigen. Deshalb kam die "Stroke" 2009 sofort an. Und wir haben mit der Artmuc gleich noch eine Messe für junge Kunstschaffende eingerichtet.

Suchen Sie die Galerien oder Künstler aus?
Nein, wir haben ganz bewusst eine Jury: drei Kunsthistorikerinnen, ein Vertreter vom Stiftungsrat der Pinakothek und eine Künstlerin. Uns ist wichtig, dass die Ausstellenden professionelle Künstler sind. Die Akademie ist keine Voraussetzung, aber Hobbykünstler, die mal ein bisschen ausstellen wollen, gehören nicht in unser Konzept.

Vor zwei Wochen gab es in München drei große Kunstmessen. Hätten Sie keine Lust,  als junge, freche Nummer 4 anzutreten?
Das wäre sogar mein Wunsch gewesen! Aber da geht es uns wie den Künstlern: In München ist bezahlbarer Raum sehr schwer zu finden. Wir haben es immer wieder versucht, die Art muc zur gleichen Zeit zu veranstalten, allerdings war die Praterinsel immer belegt. Wir spielen halt in einer ganz anderen Liga als die "Highlights", die in der Residenz einen opulenten Messepavillon aufbauen können. Dafür müssen wir für die Messebox aber auch keine fünfstelligen Beträge verlangen.

Man darf die Neugier des Publikums nicht unterschätzen. Ihr Kollege Andreas Ramer von der "Kunst & Antiquitäten" beobachtet unter den Besuchern eine große Offenheit.
Wir versuchen ja auch, die Artmuc als Entdeckermesse zu vermitteln. Künstler aus den Anfängen sieht man mittlerweile auf der Art Cologne oder der Art Karlsruhe.

Welche Trends beobachten Sie?
Auf der letzten Artmuc war viel Abstraktes vertreten, das wurde auch gut nachgefragt. In diesem Jahr sind es erstaunlicherweise Gesichter, darunter auch ganz klassische Porträts.

Wie alt ist die jüngste Künstlerin?
Um die 20, die älteste ist 57. Und die meisten Künstler sind anwesend, gerade das schätzen unsere Besucher. Ich beobachte auch den Trend, wieder beim Künstler direkt zu kaufen, das Atelier kennen zu lernen, Kontakt zu halten. Eigentlich eine schöne Entwicklung.

Reden wir über die Preise.
Bei etwa 100 Euro geht’s los. Wir hatten auch schon Galerien mit Werken von Günther Uecker oder Gerhard Richter, da sind wir gleich im fünfstelligen Bereich. Das meiste auf der Artmuc liegt zwischen 500 und 5.000 Euro. Und das wollen wir so halten.     

Artmuc, 9. bis 11. November, Praterinsel, Vernissage Donnerstag 19 – 22 Uhr, Freitag und Samstag 12 bis 20, Sonntag bis 18 Uhr; Eintritt: 13, ermäßigt 11 Euro, Kinder und Jugendliche unter 16 frei, www.artmuc.info
 

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