Kulturelle Ertüchtigung
Kann man den Gasteig retten, nachrüsten, beleben? Die Geschäftsführerin kämpft für ihren Masterplan, gegen „Luxusprobleme“ und sieht die Zukunft trotz der Sparzwänge optimistisch
Zum 25. Geburtstag schenkt die Stadt München ihrem Kulturzentrum am Isarhochufer ein faules Ei: Vorige Woche hat der Wirtschaftsausschuss die geplante Sanierung auf die lange Bank geschoben, morgen passiert diese Entscheidung das Plenum des Stadtrats.
AZ: Frau von Welser, ist die Stadt München schon so arm, dass sie das Gasteig verfallen lassen muss?
BRIGITTE VON WELSER: Die Stadt hat den Grundsatzbeschluss gefällt, lieber alte Schulden abzubezahlen, als neue zu machen. Außerdem belasten den Haushalt derzeit Baumaßnahmen an anderen Kulturimmobilien wie dem Lenbachhaus und dem Deutschen Theater.
Wie hätte Ihr Masterplan zur Sanierung ausgesehen?
Im Gasteig sind die Stadtbibliothek, die Volkshochschule, die Musikhochschule und die Münchner Philharmoniker untergebracht. Wir haben diese Institutionen nach ihren Bedürfnissen gefragt. Vom Bücherlift bis zu den Hubpodien in der Philharmonie wurde geprüft, was in den nächsten zehn Jahren ohnehin erneuert werden müsste. Außerdem wollen wir das Gebäude ökologisch ertüchtigen.
Das ist alles noch kein Luxus.
Wir haben auch nachgedacht, wie die Philharmonie für die Zukunft gerüstet werden kann. Dabei gibt es zwei Optionen: Entweder bleibt das Orchester der Stadt Hauptnutzer mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks als Gast. Wenn sich der BR stärker engagiert, müsste der Bereich hinter der Bühne umgebaut werden und der Saal für klassische Konzerte optimiert werden.
Und falls doch ein neuer Konzertsaal kommt?
Dann müssten wir der Misch-Nutzung in der Philharmonie stärker Rechnung tragen.
Vorläufig wird nur mit ein paar Plastikfolien abgedichtet, wenn’s reinregnet?
In den nächsten drei Jahren soll innerhalb eines Dringlichkeitsplans nur das Nötigste saniert werden, um den Spielbetrieb uneingeschränkt aufrechtzuerhalten und den Brandschutz zu sichern. Wir halten aber unseren hohen Standard: immerhin werden 12 Millionen Euro investiert.
Und danach?
Dann muss am Masterplan weitergearbeitet werden. Die SPD und die Grünen sind sich über die Notwendigkeit der Sanierung grundsätzlich einig.
Gilt das auch für die Philharmonie?
Erst müssen sich sich die Nebelschleier über den staatlichen Neubauplänen lichten, wie Christian Ude gesagt hat.
Der OB hält die Akustik leider für ein Luxusproblem und meint, dass die Zahl der Klassik-Besucher schrumpft.
Anzeichen dafür gibt es. Konzerte freier Veranstalter sind oft nicht voll. Ich habe allerdings keine Zahlen, inwieweit sie auf das Prinzregententheater ausweichen. Das Münchner Publikum ist eben sehr wählerisch und g’schmackig.
Wird der FDP-Vorschlag geprüft, zur Verbesserung der Akustik das Podium zu verkleinern?
Ein Akustikbüro prüft auch diesen Vorschlag. Eine Konzertmuschel würde aber die Sichtachsen verändern.
Wie sieht der Gasteig in 20 Jahren aus?
Vielleicht gibt es nach der Erweiterung der Glashalle am Celibidache-Forum mehr Ausstellungsfläche. Wir werden oft mit dem Londoner Barbican verglichen. Das hat eine Metamorphose durchlaufen, in der die Säle ertüchtigt wurden. Man setzt nicht mehr auf reine Vermietung, sondern auf ein Programm-Profil, das mit Weltmusik auf den Charakter des Stadtteils in der Umgebung reagiert.
Dafür bräuchte der Gasteig aber einen Intendanten.
Beim Bau wurde beschlossen, die kulturpolitische Initiative im städtischen Kulturreferat zu belassen. Deshalb hat das Gasteig nur ein Management ohne künstlerischen Etat. Es hat sich aber gezeigt, dass die Leute strömen, wenn die Energien der Institutionen im Haus wie beim Chopin-Wochenende gebündelt werden. Das ist ausbaufähig, ohne dass wir zum Lucerne Festival werden.
Robert Braunmüller