Küsse, Wein und Romantik

Dreht Woody Allen bald in München? Was der Regisseur am „guten alten Europa” schätzt
von  Adrian Prechtel

Er gilt, dank erstklassiger Kritiken, schon als sicherer Oscarkandidat. Aber auch an den Kinokassen schlägt sich Woody Allens „Midnight in Paris” bravourös. Owen Wilson träumt sich hier in die 20er Jahre zurück, weil er glaubt, dort glücklicher zu sein als mit seiner Verlobten.

AZ: Mr. Allen, war verbinden Sie mit Paris?

WOODY ALLEN: Als klar wurde, dass ich jetzt in Paris drehen würde, dachte ich über diese Stadt nach. Und mir fiel ein, dass sie alle in einer bestimmten Zeit hier waren, manche noch jung, manche schon berühmt: Dalí, Picasso, Bunuel, aber auch die Amerikaner, die hier ein lässigeres Leben vorfanden: Man Ray, Cole Porter, Hemingway, Scott Fitzgerald. Das sind alles Helden für mich.

Aber Sie kennen ja Paris nicht in dieser Zeit.

Ich war das erste Mal 1964 da. Ich war gebucht als Comedy-Schreiber, der den Film „What’s New Pussycat” noch einmal neu und anders auffrischen sollte. Sie wollten mehr Witze. Ich hatte eine katastrophale Erinnerung an den Film und hasse ihn. Und dann passierte es: Einige Schauspieler, die mit mir aus New York gekommen waren, wollten nach unserer Arbeit nach Paris ziehen. Ich habe auch daran gedacht, aber war wohl zu feige.

Dann ist die Geschichte um Owen Wilson, der in Paris ein neues Leben anfängt, ja autobiografisch?

Ja, dieser Aspekt. Und wie Wilson im Film, kannte ich Paris auch nur aus Filmen mit Küssen, Wein und Romantik. Und als ich dann da war, war es bis zu einem gewissen Punkt wirklich so. Und das interessante ist: Paris ist gar nicht so anders als New York: eine nervöse, schnelle Stadt mit viel Musik, Theater, Restaurants und Buchhandlungen.

Sie drehen seit Jahren auch in London, Barcelona, als nächstes in Rom.

Ich suche mir die Städte danach aus, dass jemand sagt: „Ich finanziere Ihnen hier Ihren nächsten Film!” Dann muss mir die Stadt natürlich auch gefallen und ich muss eine Idee dazu haben.

Und gehört München auch dazu?

Ja, ich habe auch schon über München mit Filmgeschäftsleuten gesprochen.

Warum bekommen Sie immer die besten Schauspieler?

Schauspieler lieben mich wie Kinder ein Elternteil lieben, das nie „nein” sagt. Wenn ich mit meinen Kindern ausgegangen bin und sie gesagt haben, kann ich dies oder jenes haben, habe ich immer alles gekauft. Und so ist es mit den Schauspielern auch: Kann ich das sagen statt das, was Sie geschrieben haben? „Ja”. Kann ich das machen oder jenes anziehen? „Ja”. Ich sage immer „ja”. Und dann sagen sie am Ende: Es ist so angenehm mit ihm zu arbeiten.

Werden Sie nie wütend?

Nie. Ich kann mich nicht erinnern, jemals laut geworden zu sein oder gar jemanden angeschrieen zu haben, keinen Techniker, keinen Chauffeur, keinen Schauspieler.

Sind Sie auch im Privaten so rücksichtsvoll?

Ja, ich verliere nie meine Fassung gegenüber Menschen. Aber gegenüber Gegenständen: Wenn ich eine Dose nicht aufbekomme, schmeiße ich sie auf den Boden, das gleiche, wenn die Dusche nicht funktioniert oder meine Schreibmaschine klemmt, dann gerate ich Wut.

„Midnight in Paris” hat einen nostalgischen Aspekt. Sieht man in den USA Europa wirklich als „Good Old Europe”?

Mir ist das nie so vorgekommen. Weil für uns Amerikaner die ganze Avantgarde immer aus Europa kam: Mode, Autos, selbst die Sexualmoral... all das, was schick und progressiv ist, kommt für uns aus Europa. Und ist es nicht witzig, dass man in Europa oft genau andersherum denkt?

Im Film ist das „Goldene Zeitalter” die 20er Jahre. Ist das auch Ihre Traumzeit?

Das liegt natürlich alles auch an den Filmen aus und über diese Zeit. Alles war wild und neu: der Tanz, die Frauen, die Gangster. Es wirkt – trotz Schwarz-weiß – wie eine besonders farbige Epoche. Aber wenn man natürlich genauer hinschaut, ist klar: Es war auch eine harte Zeit mit Tuberkulose, Kindbettfieber, Hunger. So wäre es natürlich schön, in diese Zeit einen Ausflug zu machen, aber dann zum Abendessen wieder zu Hause zu sein.

Also ist unsere Gegenwart doch die beste Zeit?

Nein, alle Zeiten sind furchtbar. Aber wir haben heute in unserem privilegierten Teil der Welt Sachen, die wir für selbstverständlich nehmen, Impfschutz, Klimaanlage und dass man den Krankenwagen anrufen kann, wenn jemand zusammenbricht.

Aber über Ihrem Film liegt doch eine große Heiterkeit.

Aber es gibt den dunklen Unterton, dass jeder gerne seinem eigenen Leben entkommen würde, weil es unbefriedigend ist.

Wie kam Carla Bruni in den Film?

Sie wollte das, damit sie den Film einmal ihren Enkelkindern zeigen kann. Ich fand sie charismatisch und sexy und habe ihr versprochen, sie nur zwei Tage zu brauchen, um sie im Film zu haben.

Sie haben immer sexy Frauen in Ihren Filmen.

Das ist es doch, was man bei einer Frau sucht und umgekehrt, oder? Das hat nicht nur etwas mit Schönheit zu tun. Selbst eine mittelmäßige Schauspielerin mit Sex-Appeal kommt in einem Film gut rüber.

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