Künstlerhilfen: Fünf vor Zwölf, vielleicht auch später

Die Staatsregierung greift endlich die Forderungen der Opposition auf und verlängert die Hilfen für selbstständige Künstler.
von  Robert Braunmüller
Markus Söder zu Beginn der Sitzung des bayerischen Landtags.
Markus Söder zu Beginn der Sitzung des bayerischen Landtags. © Peter Kneffel/dpa

Die im Mai verkündete Künstlersoforthilfe war ein Flop. Auf 60.000 Anträge war sie ausgelegt, aber nur 10.000 notleidende Musiker, Schauspieler und sonstige Freiberufler im Kultur- und Kreativbereich beantragten die maximal 3.000 Euro für insgesamt drei Monate ohne Auftritte, obwohl auf den meisten privaten Bühnen schon seit Mitte März kaum gespielt wird. Zu bürokratisch, zu umständlich war das Verfahren, zu groß die Angst vor Rückforderungen.

In seiner Regierungserklärung hat Markus Söder nun eine Kehrtwende vollzogen, offenbar auch unter dem Eindruck persönlicher Gespräche und dem anhaltenden öffentlichen Druck. Die Künstlersoforthilfe habe ihre Wirkung nicht erreicht, sagte der Bayerische Ministerpräsident gestern im Landtag. "Was nicht funktioniert, muss man verbessern".

Neue Hilfen "bis die Pandemie vorbei ist"

Söder kündigte ein neues Programm an, das sich am praxisnäheren Modell von Baden-Württemberg orientieren soll. Dort können auch pauschalierte Kosten des privaten Lebensunterhalts in Höhe von 1.180 Euro pro Monat geltend gemacht werden. Die neuen Hilfen soll es geben, "bis die Pandemie vorbei ist". Außerdem soll es ein Stipendienprogramm für junge Künstler geben.

Söder betonte noch einmal, die Bedeutung der Kultur, die in schwierigen Zeiten besonders wichtig sei, weil sie "Hoffnung und Freude" geben könne. In einer anderen Passage der Regierungserklärung machte er aber auch klar, dass es bei einer dunkelroten Pandemie-Ampel aber auch Absagen von Veranstaltungen geben könne.

Die Opposition äußerte skeptische Zustimmung zur Übernahme ihrer bereits seit Monaten geäußerten Forderungen. "Das klingt schön, ist aber bislang nichts als hohle Ankündigung und hätte schon längst für die notleidende Kulturszene auf den Weg gebracht sein müssen!", sagt der FDP-Kultursprecher Wolfgang Heubisch.

Ähnliche Kritik ist auch von den anderen Oppositionsparteien zu hören. "Wir hoffen, dass es nicht schon zu spät ist", sagt Sanne Kurz, die kulturpolitische Sprecherin der Grünen. "Nur wenn diese Hilfen auch rückwirkend greifen und die Menschen einbeziehen, die Kultur ermöglichen, können sie Wirksamkeit entfalten. Ob es sich wieder mal nur um gutes Marketing handelt, oder ob den warmen Worten Taten folgen, werden wir Grüne genau beobachten und gegebenenfalls eingreifen."

Ähnlich äußerte sich Volkmar Halbleib von der SPD. "Es ist gut, dass die Staatsregierung endlich erkannt hat, dass sie deutlich mehr für die Kulturschaffenden tun muss", so der Abgeordnete. Jetzt gehe es um eine schnelle Umsetzung. "Es darf diesmal nicht wie am Anfang der Pandemie sein, dass es viel zulange gedauert hat, bis Kulturprogramme auf den Weg gebracht wurden", so Halbleib weiter. "Für viele Kulturschaffenden ist es 5 vor 12, für manche auch später."

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