Konzertkritik zu Donovan: Bizarre Vergangenheitsbewältigung

Wie gut, dass im Vorprogramm die bayerische Liedermacherin Claudia Koreck – nach einer Weltreise endlich wieder „dahoam“ – Sympathiepunkte sammelt. Ob als launige Erzählerin („I hob so oft Hunger“) oder als versierte Solosängerin. Mit viel Gefühl führt sie musikalisch vor Augen, wie schmerzhaft gestrig doch Donovans bizarre Vergangenheitsbewältigung ist.
von  Abendzeitung

Wie gut, dass im Vorprogramm die bayerische Liedermacherin Claudia Koreck – nach einer Weltreise endlich wieder „dahoam“ – Sympathiepunkte sammelt. Ob als launige Erzählerin („I hob so oft Hunger“) oder als versierte Solosängerin. Mit viel Gefühl führt sie musikalisch vor Augen, wie schmerzhaft gestrig doch Donovans bizarre Vergangenheitsbewältigung ist.

So weit die Seeleute auch fuhren, so tief sie auch tauchten. Nie entdeckten sie die versunkene, sagenumwobene Stadt Atlantis. Auch die Folk-Legende Donovan forscht im ausverkauften Cuvilliés-Theater nach seiner ehemals wunderbar-weichen Vibratostimme. In kurzen Momenten scheint es als würde er sie finden, doch dann rutscht sie wieder ruckartig in die Tiefe. Am Ende gibt der wehmütige Gitarren-Troubadour mit der schwarz gefärbten Mähne auf. Seinen größten Hit „Atlantis“ lässt er samt Chor vom Band abspielen, bewegt müde lächelnd dazu die Lippen und animiert seine Jünger zum Aufstehen und Mitklatschen.

Ein bitterer, unwürdiger Abgang für den 63-Jährigen Schotten, der wie ein Fossil aus einer längst untergegangenen Epoche wirkt. Immerhin passt Donovans gespenstischer Solo-Auftritt zu diesem von vorne bis hinten absurden Abend. Befremdlich ist bereits die Wahl des Schauplatzes. Das altehrwürdige Rokokotheater als angemessene Bühne für den selbsternannten „reinkarnierten Barden“, der auf der Isle Of Wight noch alternative Gesellschaftsformen predigte? Ein gut situiertes Bildungsbürgertum, dass zum großartigen Antikriegs-Protestsong „Universal Soldier“ fröhlich den Wiedererkennungseffekt feiert? Einen parallel laufenden weltweiten Live-Stream, von Donovan als „The new 60s“ akklamiert? Spätestens in der Pause, als Facebook-Hippie Donovan seine brüchige Stakkatostimme schont wird der Grund seines Kommens klar.

In einem eingespielten Video erklärt Mystery Man David Lynch, warum die transzendentale Meditation aggressive Schüler wieder ins Gleichgewicht bringt. Donovan, seit seinem Indientrip mit den Beatles begeisterter Anhänger der Maharishi-Lehren, ist eng mit Lynch befreundet und betont mehrmals wie glücklich er sei, dass die Einnahmen des Konzerts für die in Deutschland geplanten „Schulen ohne Stress“ fließen. Wie gut, dass im Vorprogramm die bayerische Liedermacherin Claudia Koreck – nach einer Weltreise endlich wieder „dahoam“ – Sympathiepunkte sammelt. Ob als launige Erzählerin („I hob so oft Hunger“) oder als versierte Solosängerin. Mit viel Gefühl führt sie musikalisch vor Augen, wie schmerzhaft gestrig doch Donovans bizarre Vergangenheitsbewältigung ist.

Florian Koch

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