Konstantin Wecker und Maximilian Brückner im AZ-Interview: „Ich würde dich sofort adoptieren“

Zwei Generationen Bayern: Der 61-jährige Wecker und der 30-jährige Brückner sind im neuen "Tatort " als Vater und Sohn zu sehen. Im AZ-Interview sprechen sie über Spießer, die CSU, Revolution und peinliche Eltern
von  Abendzeitung

Zwei Generationen Bayern: Der 61-jährige Wecker und der 30-jährige Brückner sind im neuen "Tatort " als Vater und Sohn zu sehen. Im AZ-Interview sprechen sie über Spießer, die CSU, Revolution und peinliche Eltern

AZ: >b>Herr Brückner, hatten Sie die Idee, Papa Kappl im „Tatort“ in Gestalt von Konstantin Wecker auftauchen zu lassen?

MAXIMILIAN BRÜCKNER: Nein. Auf Konstantin Wecker hätte ich Depp aber auch tatsächlich selbst kommen können. Das passt perfekt. Wir zwei sind ja auch schon ein super eingespieltes Pärchen.

Sie kennen sich aus „Mozart – Ich hätte München Ehre gemacht“.

KONSTANTIN WECKER: Ja, und ich hab’ sofort zugesagt und extra noch ein paar Termine rumgeschoben.

BRÜCKNER: Saugut.

Den spießigen Kappl möchte man aber nicht unbedingt zum Sohn haben, oder, Herr Wecker?

WECKER: Ja, mit dem hätt’ ich a bisserl Probleme.

Und wie würd’ Ihnen der Maximilian Brückner als Sohn gefallen?

WECKER: Dich würde ich sofort adoptieren.

BRÜCKNER: Ich dich als Vater auch. Wir reden miteinander und ma merkt sofort, der taugt einem.

Der brave Maxi Brückner und der Konstantin Wecker mit seiner wilden Vergangenheit – wie passt das zusammen?

WECKER: Der wirkt doch nur so. Seinen ganz lebendigen Geist merkst du aber sofort, wenn du ihn das erste Mal siehst. Der Mann ist doch kein Spießer.

Aber er ist in der CSU.

BRÜCKNER: Nein, er ist nicht in der CSU. Ich bin aus dem Gemeinderat schon wieder raus, weil ich in die Nachbargemeinde gezogen bin.

WECKER: Wir haben doch keinen politischen Dissens. Im Endeffekt wollen wir beide das Gleiche. Genauso wie ihm jetzt etwas anhaftet, hält man mich in manchen Kreisen für so ’ne Art Che Guevara. Das eine stimmt so wenig wie das andere.

Nein?

WECKER: Es stimmt, ich bin radikal in meinem Denken. Aber radikal nicht, weil ich einer Ideologie hinterherlaufe, sondern weil ich der Meinung bin, dass wir radikal sein müssen, um unsere Demokratie nicht nur vor dem Einschlafen, sondern vor allem vor der Verwässerung zu bewahren. Das geht nur mit radikalen Gedanken. Vor acht Jahren habe ich das Lied geschrieben „Wenn die Börsianer tanzen“. Damals fanden das die Leute total übertrieben. Heute ist da gar nichts mehr Radikales dran.

Hatten Sie auch mal den Gedanken, wie Maximilian Brückner aktiv die Politik mitzugestalten?

BRÜCKNER: Aber ich betreibe doch gar keine Politik. Wir haben beschlossen, ob der Gehweg weiter links oder weiter rechts sein soll. Von der Politik halte ich mich fern, in das Piranhabecken hupf’ ich doch nicht rein.  Ich wollte einfach in meinem Dorf mitwirken.

WECKER: Das wäre übrigens auch meine Vorstellung von radikaler Demokratie...

BRÜCKNER: ...sich in der Gemeinschaft einbringen...

WECKER: ...und zwar da Politik machen, wo man die Leute noch kennt. Der Herr Müntefering oder die Frau Merkel sind mir viel zu abgehoben von jeder Form von Wirklichkeit und zu eingebunden in wirtschaftliche Zwänge, als dass ich die auch noch ernst nehmen könnte. Die Leute meinen immer, es geht um links und rechts. Es geht aber um oben und unten. In der letzten Zeit merkt man noch deutlicher, dass es eine Macht- und Wirtschaftselite gibt, die mit uns anstellt, was sie will. Wenn wir eine Politik haben, die ausschließlich diese Elite bedient, dann gute Nacht. Wir müssen die Politik zwingen, dass sie auch uns bedient.

BRÜCKNER: Genau.

Sehen Sie es als bekannter Künstler als Ihre Aufgabe an, Menschen wachzurütteln?

WECKER: Bei dem Namen... Sogenannte Prominente, die man nur kennt, weil sie in der Wäschekammer gevögelt haben oder sich Silikon spritzen, sollten sich bei politischen Fragen bitte heraushalten. Aber für mich ist es eine Chance, für mehr Menschlichkeit und Gerechtigkeit einzutreten.

BRÜCKNER: Da ist der Unterschied zwischen uns. Du schreibst deine Texte selbst. Ich bekomme ein Drehbuch und kann im „Tatort“ nicht einfach „Viva la revolución“ schreien.

WECKER: Das wär’ gut. Das baust du in den nächsten „Tatort“ ein – ganz unvermittelt.

BRÜCKNER: Ich glaub’, das haben sie das letzte Mal rausgeschnitten.

WECKER: Oder du müsstest einen Linken verhaften und heimlich zu dem sagen: Ich bin ja schon ganz lang auf deiner Seite.

Werden wir den Kappl-Vater noch öfter sehen?

WECKER: Ich würd’ mich freuen, aber die Entscheidung liegt bei den Produzenten und Drehbuchautoren. Ich sage hiermit laut: Ich würde es gerne weiter machen.

BRÜCKNER: Ich weiß, dass es in die Richtung gehen soll, auch wenn der Kappl-Vater nicht in jedem Krimi dabei sein wird.

WECKER: Dann halt’s euch ran, weil jünger werde ich ja auch nicht.

Was macht der Kappl, wenn sein Vater ständig in Saarbrücken rummischt?

BRÜCKNER: Ich glaub’, der bringt sich um. Endlich hat er ein bisserl Autorität aufgebaut, da kommt der Vater und macht das alles wieder zunichte.

WECKER: Und dem Kappl ist der Vater auch peinlich.

Sind Sie Ihren Kindern auch manchmal peinlich?

WECKER: Klar, allein wenn ich zu laut lache, ist das ganz furchtbar für sie.

Wie gehen Sie mit Ihrer Vergangenheit um?

WECKER: Ganz selbstverständlich, ich hab’ da auch nie etwas vertuschen wollen. Im Gegenteil, die Kinder merken ganz deutlich, wenn man ihnen eine Vaterpersönlichkeit vorlügen würde. Denken Sie an die 70er Jahre, als der stockbesoffene Vater seinen Buben geschlagen hat, weil der einen Joint geraucht hat.

BRÜCKNER: Und wenn man später enttäuscht wird, weil man merkt, dass der Vater ganz anders ist, als man dachte, ist das viel schlimmer.

WECKER: Und was die Drogen betrifft: Bei meinem großen Sohn waren jetzt gerade drei Leute von den Anonymen Alkoholikern in der Klasse. Das war für die Kinder sehr hilfreich und beeindruckend. Es gab wenig Ereignisse in der Schule, von denen er so intensiv geredet hat.

BRÜCKNER: Aber wir sind auch anders aufgewachsen. Wahrscheinlich sagt dein Sohn letztendlich doch über dich: So ein cooler Hund. Und du bist ja auch nicht stehen geblieben. Das ist das Tolle an dir, sag’ ich jetzt als Filmsohn.

Die Familie ist für Sie besonders wichtig.

BRÜCKNER: Ja. Und so dumm sich das anhört, aber meine Eltern haben mich echt immer wieder überrascht. Ich wollte Medizin studieren, aber meine Eltern kamen daher und meinten, ich sollte Schauspieler werden. Da war ich es, der dachte: Das ist doch kein anständiger Beruf. Aber letztlich sind wir eine stinknormale Familie.

Nicht mehr, immerhin hat Ihre Familie einen „Tatort“-Kommissar.

BRÜCKNER: Naa, bei mir war das ja nicht so, dass ich einen Film gmacht habe, ganz weit oben war und gspinnert worden bin. Das ging in einem Tempo, bei dem ich, meine Familie und meine Freunde mitwachsen haben können.

WECKER: Der wird nie zum spinnen anfangen, dazu ist er viel zu gut. Das machen nur die, die nichts können.

Interview: Angelika Kahl

Sonntag, ARD, 20.15 Uhr

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