„Kohl hat mich verblüfft“

Teamworx-Produzent Nico Hofmann über den RTL-Zweiteiler „Vulkan“ und den Helmut-Kohl-Film „Der Mann aus der Pfalz“. Ein mehr als 30-stündiges Interview mit dem Alt-Kanzler bildet die Grundlage
von  Abendzeitung

Teamworx-Produzent Nico Hofmann über den RTL-Zweiteiler „Vulkan“ und den Helmut-Kohl-Film „Der Mann aus der Pfalz“. Ein mehr als 30-stündiges Interview mit dem Alt-Kanzler bildet die Grundlage

Heute wütet noch einmal der RTL-Vulkan in der Eifel – verantwortlich dafür: Teamworx-Produzent Nico Hofmann. Auch der Film „Der Mann aus der Pfalz“ über Altkanzler Helmut Kohl, den das ZDF morgen zeigt, stammt von dem 49-jährigen Erfolgsproduzent. Regisseur Thomas Schadt lässt Kohl darin auf zwei entscheidende Phasen seiner politischen Karriere zurückblicken: den Aufstieg als junger Politiker im Rheinland-Pfalz der Nachkriegszeit und dessen größte Krise im Vorfeld des Mauerfalls 1989.

AZ: Herr Hofmann, ein „Vulkan“-Ausbruch in Deutschland? Ist das nicht gewagt?

NICO HOFMANN: Mich hat genau das interessiert: Ist so etwas in Deutschland realistisch möglich? Spezialisten bestätigten: Ein Vulkanausbruch in der Eifel ist durchaus wahrscheinlich. Ich wollte aber auch einen Film speziell für das RTL-Publikum machen. Mit dem Dreiteiler „Die Patin“ mit Veronica Ferres haben wir vor einem Jahr ein differenziertes Programm ausprobiert und festgestellt, dass plötzlich nicht mehr die RTL-Zuschauer eingeschaltet haben, sondern die öffentlich-rechtlichen. Mit Vulkan wollen wir die RTL-Zuschauer zurückholen.

Was ist Ihr Quoten-Ziel?

Bei dem Aufwand, den wir und RTL betreiben, muss der Marktanteil deutlich über 25 Prozent in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen liegen.

Mit „Die Sturmflut“ oder „Dresden“ holten Sie mehr als zwölf Millionen Zuschauer. Ist solch’ eine Quote heute überhaupt noch möglich?

Nein, das glaube ich nicht. Die Zuschauer verteilen ihr Interesse stärker als früher auf alle Kanäle, die großen Sender verlieren Marktanteile.

Morgen zeigt das ZDF „Der Mann aus der Pfalz“. Sie haben Helmut Kohl im Vorfeld mehrmals getroffen. Was für einen Mann haben Sie erlebt?

Ich muss vorwegschicken, dass ich Helmut Kohl nie gewählt habe. Bei unseren Treffen aber habe ich ihn tatsächlich neu kennengelernt. Mich hat vor allem verblüfft, dass er zwei Seelen in seiner Brust hat: Auf der einen Seite ist er ganz der reale Machtpolitiker, der robust seine Ziele durchsetzt. Auf der anderen Seite ist er ein Mensch mit einer unglaublich dünnhäutigen Sensibilität und großen Offenheit.

Hat er Bedingungen gestellt?

Nein, das Projekt hat sich über die Jahre doch auch entscheidend verändert. Erst einmal haben wir ein ganzes Jahr gebraucht, um ihn überhaupt von unserem Projekt zu überzeugen. Regisseur Thomas Schadt hat dann mehr als 30 Stunden mit ihm gesprochen. Wir wollten Teile der Interviews mit dem fiktionalen Film verquicken. Der Plan war eine Art Dokudrama. Lange nach den Interviews – wir waren schon mitten im Dreh des Spielfilms – hat Helmut Kohl aber sehr vehement darauf bestanden, dass die Interviews separat gesendet werden.

Warum?

Weil wir seiner Meinung nach im Fiktionalen eine sehr subjektive Sicht auf seine Person einnehmen. Hätte Helmut Kohl die Interviews freigegeben, wäre der Eindruck entstanden, er hätte damit auch den Spielfilm autorisiert. Das wollte Kohl nicht und ich bin ihm keineswegs böse, denn das hat uns die Möglichkeit gegeben, den Film deutlich radikaler zu machen. Das Interview soll nun separat gesendet werden, wohl im nächsten Jahr zu Kohls 80. Geburtstag.

Haben Sie für Ihren Film weitere Zeitzeugen befragt?

Nein, aber ich glaube, in unserem Film gibt es keinen einzigen Satz, der nicht sorgfältig recherchiert wurde. Wir haben uns komplett subjektiv Kohls Blickwinkel angenähert.

Der Film beleuchtet ausschließlich zwei Stationen: Den Aufstieg Kohls sowie die Zeit um die Wende 1989. Ist das nicht ein bisschen milde?

Nein, der Film geht ja in die Tiefe seiner Psyche und zeichnet ein sehr differenziertes Menschenbild. Wir wollten nicht den Tod von Hannelore Kohl nachträglich erklären oder die Spendenaffäre aufdecken. Darum haben sich schon Heerscharen von Journalisten gekümmert. Ich wollte ein Politikerleben menschlich begreifbar machen. Unsere Fragen waren, bekommt man ein Gespür davon, was Helmut Kohl umgetrieben hat.

Thomas Thieme spielt Helmut Kohl ganz ohne ihn zu imitieren. Das muss so sein?

Ja, hätte Thomas Thieme im Pfälzer Dialekt gespielt, wäre aus dem Film eine Kitschoperette geworden.

Bei Ihnen stehen Kinoprojekte wie „Das Dschungelkind“ und „Der Medicus“ an. Sind Sie dabei, sich aus dem Bereich Fernsehen zu verabschieden?

Nein, aber ich betreue heute nur noch sehr ausgewählte Projekte wirklich selbst. Der „Vulkan“ ist sehr stark ohne mich entstanden. „Der Mann aus der Pfalz“ aber ist mein Projekt, genauso „Die Grenze“ für Sat1, die ich selbst mache. Außerdem habe ich noch zwei Riesenprojekte fürs Fernsehen laufen: „Vom Glück nur einen Schatten“, eine große biografische Frauengeschichte der Kriegs- und Nachkriegszeit mit Maria Furtwängler, und das Jugendgewaltdrama „Sie hat es verdient“ mit Veronica Ferres. Überall kann ich meine Finger aber nicht drin haben, das geht bei der großen Anzahl der Projekte nicht mehr.

Um die Damen Ferres und Furtwängler kümmern Sie sich aber am liebsten persönlich?

Einerseits, weil wir befreundet sind, aber auch, weil es wichtige Projekte sind. Maria und Veronica stehen unter ständiger Erfolgs-Beobachtung. Da fühle ich mich persönlich verantwortlich dafür, dass ein Programm excellent wird.

Angelika Kahl

„Vulkan“: 2. Teil, 19.10, RTL, 20.15 Uhr; „Der Mann aus der Pfalz“: 20.10., ZDF, 20.15 Uhr

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