Kirschgeistbier

Höhenrausch und der Brandner auf der Wiesn? Joseph Vilsmaier kommt gerade vom Himalaya. Aber an der Wiesn führt für ihn kein Weg vorbei
von  Abendzeitung

Höhenrausch und der Brandner auf der Wiesn? Joseph Vilsmaier kommt gerade vom Himalaya. Aber an der Wiesn führt für ihn kein Weg vorbei

Ein Mann der Kontraste: Gerade ist Vilsmaier zurück vom Nanga Parbat, wo er für seinen Film über das Brudertodesdrama von Reinhold Messner gedreht hat. Bald ist „Brandner Kaspar“-Premiere, die Vilsmaier zu einem großen Spektakel am Nockherberg machen will. Und jetzt ist er aber erst mal auf der Wiesn, im Winzerer Fähndl.

AZ: Herr Vilsmaier, Höhenrausch und Wiesnrausch sind doch sehr verschieden.

JOSEPH VILSMAIER: Naja. Auf 3500 Meter war unser Basislager. Schon da kriegst du eine hohe Stimme wie mit Lachgas und der Puls geht auf 110. Dann auf vier- oder fünftausend Meter fühlst du dich dann genauso wie nach der dritten Maß Oktoberfestbier - und das ist ja schon recht viel.

Aber für einen Naturmenschen wie Sie, der von siebentausend Meter Höhe zurückkommt, muss das Oktoberfest doch absurd wirken.

Wenn man den Berg überlebt hat und ich jetzt hier meine Maß trinke und ein Hendl esse, erdet mich das. Man kann nicht ewig im Extremen leben. Das überlasse ich Menschen aus einer anderen Dimension, wie dem Reinhold Messner, der beim Dreh dabei war und einfach keine Schwäche zeigt.

Sind Sie ein Wiesnfreund?

Heute bleibt’s bei den – zur Zeit viel diskutierten – zwei Mass. Aber früher war man ja von Zwölfe bis Zehne da. Und da hat man nicht mehr mitgezählt. Aber damals war auch viel schlechter eingeschenkt.

Was ist der Unterschied von vor 30, 40 Jahren zu heute?

Es ist, obwohl heute alles viel voller ist, friedlicher.

Warum?

Mei, junge Burschen sind früher keinem Streit aus dem Weg gegangen. Manche sind zum Raufen hergekommen. Das kann man gut nachlesen, bei der Marie-Luise Fleißer. Heute sind die Buben brav und die Mädls kommen auch alle mit. Und früher gab’s das ganze Sichherheitspersonal ja nicht. Und wenn da eine Rauferei war, ist der, der eine gefangt hat, ja auch nicht gleich zum Anwalt.

Waren Sie schon mal in was Härteres verwickelt.

Ja, unter meinem Dreitagebart kann man die Narbe am Kinn sehen. Mir hat vor 30 Jahren einer vom Nachbartisch grundlos den Maßkrug ins Gesicht geschlagen. Früher war man selbst schon wahnsinniger: Denn ich hab am nächsten Tag einen Geschäftstermin gehabt, auch auf der Wiesn. Und ich bin da genäht und geflickt wieder hin. Nur bevor ich ins Zelt bin, bin ich auf eines dieser Pissoirs gegangen. Und kaum steh’ ich an der Rinne, gibt’s direkt gegenüber eine Schlägerei. Ich bin unverrichteter Dinge rausgestürzt.

Der Brandner Kaspar gehört zu Bayern wie das Oktoberfest. Warum haben Sie nicht auch hier gedreht?

Ich habe wirklich daran gedacht. Kirschgeist oder Wiesnbier, das ist doch egal. Der Boandl unter den ganzen Leuten im wilden Getümmel, wäre eine riesen Sach! Der Boandl, als Wesen nicht von dieser Welt, trinkt ja nicht. Brandner bestellt also für den Boandl ein Bier nach dem anderen und für sich die Alkoholfreien, damit er klar bleibt, um dem Boandl die Jahre abzuluchsen. Der Herbert Achternbusch würde das machen, und das wäre sicher wunderbar, weil dem auch der Ton wurscht wäre. Aber live ist das technisch unheimlich schwer. Aber man könnte auch die Himmelsszene, das Paradies der Bayern, im Bierzelt drehen. Weil viele sich ja hier wie im Himmel fühlen.

Adrian Prechtel

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