"Zeit für Legenden": etwas gewollt

„Zeit für Legenden“: Wie der Sportstar Jesse Owens bei Olympia 1936 und in den USA kämpfte.
Adrian Prechtel |
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Jesse Owens (Stephan James) gewann bei den Olympischen Spielen in Berlin 1936 vier Goldmedaillen: Im 100- und 200-Meterlauf, im Weitsprung und mit der Staffel über 4 Mal hundert Meter.
Square One / Universum Jesse Owens (Stephan James) gewann bei den Olympischen Spielen in Berlin 1936 vier Goldmedaillen: Im 100- und 200-Meterlauf, im Weitsprung und mit der Staffel über 4 Mal hundert Meter.

Kalte-Kriegsboykotts, Doping-Skandale, Vergabegemauschel: Was haben die Olympischen Spiele – gedacht als neutraler Raum für einen friedlichen Wettstreit der Völker – nicht schon erdulden müssen. Aber am problematischsten waren wohl die Spiele von 1936. Als am 1. August bei der Eröffnungsfeier im Berliner Olympiastadion die französischen Athleten an der „Führertribühne“ vorbeischritten, passierte Befremdendes: Die Mannschaft hob den Arm zum Hitlergruß! Ein wunderbares Beispiel, wie es dem NS-Regime anscheinend gelungen war, sein internationales Ansehen im Vorfeld von Olympia zu verbessern, und dass, obwohl bereits KZs errichtet und die Rassengesetze seit November 1935 in Kraft waren.

<strong>"Zeit für Legenden": Drama über Jesse Owens</strong>

Unser heutiges Bild dieser Spiele ist einerseits geprägt von dem umstrittenen Kultfilm von Leni Riefenstahl „Olympia, Fest der Völker – Fest der Schönheit“ und anderseits von der überragenden US-Sportlerfigur Jesse Owens. Der avancierte zur Wut der NS-Führung zu einem Publikumsliebling der Spiele und Hitler verweigerte ihm den Goldmedaillen-Handschlag. Im Spielfilm „Zeit für Legenden“ treffen in einer kurzen Szene Riefenstahl (Carice van Houten) und Owens (Stephan James) aufeinander: Die deutsche Regisseurin will einen Sprung von Owens noch einmal nachstellen. Sie die Propaganda-Filmemacherin, die später aber das afrikanische Volk der Nuba mit Fotos feiern wird, ist hier fast als unideologisch dargestellt. Und Propagandaminister Joseph Goebbels (Barnaby Metschurat) sagt dem Botschafter des US-Sportverbandes bei Vorverhandlungen zu Olympia: „Man hört, Sie spielen ja auch nicht gern mit Juden und Negern.“ Damit ist der thematische Rahmen des Films von Stephen Hopkins abgesteckt.

"Zeit für Legenden": Wenn Sport auf Politik trifft

Denn primär geht es in „Zeit für Legenden“ um den Selbstbehauptungskampf eines schwarzen Jungen aus Alabama, der in Mitten der Wirtschaftskrise in Ohio am College eine Sportkarriere hinlegt, weil ein Trainer an ihn glaubt. Hier hinein gewoben ist der ganze amerikanische Rassismus: von Mitschülern über Lehrer zu Sportfunktionären, was soweit führt, dass Owens – nach seinen vier Goldmedaillen zum nationalen Helden aufgestiegen – als Schwarzer Hotels immer noch durch den Hintereingang betreten muss, selbst bei Galas zu seinen Ehren.

Und wie ist Deutschland gezeigt? Da heult natürlich dramatisch die Musik auf, wenn der NS-Staat betreten wird. Alles ist schablonenhaft. Wie überhaupt der Film allzu klassisch konstruiert ist – mit Liebes- und Leistungskrisen, einem tapferen Coach, der eigene psychologische Probleme durch die Freundschaft mit seinem Schützling überwindet. Und natürlich sieht auch jeder heiße Jazzclub wie aus dem Bilderbuch aus. So ist der ganze Film etwas künstlich und gewollt, auch wenn die historische Geschichte dahinter spannend bleibt.

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