"X-Men: Apocalypse": Actionreicher Beinahe-Weltuntergang
Auch der Wonnemonat Mai muss 2016 nicht ohne Superhelden-Film auskommen. Nach "Batman v Superman", "Deadpool" und "Captain America" kehren nun am 19. Mai Marvels "X-Men" zurück auf die Leinwände. Regisseur Bryan Singer hat das insgesamt sechste Kapitel der Reihe, "X-Men: Apocalypse", als actionreichen Weltuntergangsepos gestaltet.
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Der dritte Teil beginnt an jener Stelle, an der "X-Men: Zukunft ist Vergangenheit" endet. In der Post-Credit-Szene sieht man in Teil zwei nämlich das alte Ägypten. Der mächtige Mutantengott En Sabah Nur - später bekannt als Apocalypse - erbaut mit Hilfe seiner Kräfte die Pyramiden und wird von den Menschen als Gott verehrt. Dort knüpft "X-Men: Apocalypse" an: Auf dem Höhepunkt seiner Macht verschwören sich seine Gegner und Apocalypse (Oscar Isaac) fällt tief unter den Trümmern seiner Prachtbauten in einen jahrhundertelangen Schlaf. Als er erwacht, stolpert er mitten ins Jahr 1983 und ist fest entschlossen, sich die Menschheit wieder gefügig zu machen.
Durch dieses Handlungsszenario ist "X-Men: Apocalypse" im Prinzip ein klassisches "Gut gegen Böse"- oder auch "Rettet die Welt"-Szenario. Während der Mutant aus dem alten Ägypten mit Psylocke (Olivia Munn), Storm (Alexandra Shipp), Angel (Ben Hardy) und Magneto (Michael Fassbender) die vier Reiter der Apokalypse um sich schart, versammeln sich mit Raven/ Mystique (Jennifer Lawrence) und Hank McCoy/Beast (Nicholas Hoult) die alten X-Men um Charles Xavier alias Professor X (James McAvoy). Eine zentrale Rolle spielt dieses Mal aber eine neue Generation von Mutanten.
Sophie Turner spielt Jean Grey Foto:2016 Twentieth Century Fox
Besonders hervorstechend ist dabei die aus "Game of Thrones" bekannte Sophie Turner in der Rolle der jungen Jean Grey. Sie besitzt wie Professor X die Fähigkeit zur Telekinese und Telepathie, kann diese aber noch nicht unter Kontrolle behalten. Dieser Umstand macht sie zum Ende hin jedoch zur wahren Heldin des Films. Wie Marvel-Kenner wissen, wird sich Jean alias Phoenix zu einem der mächtigsten Mitglieder der X-Men überhaupt entwickeln. Bryan Singer charakterisiert ihre Figur in "X-Men: Apocalypse, daher als "komplex, interessant und noch unreif. Es ist witzig ihr dabei zuzusehen, wie sie sich mit ihren Kräften abmüht, und gleichzeitig zu wissen, dass sie eines Tages die mächtigste Person der Welt sein wird."
Auch Michael Fassbender als Magneto sticht durch seine schauspielerische Leistung deutlich unter den anderen "X-Men"-Darstellern hervor. Fassbenders Fähigkeiten als Charakterschauspieler zeigen sich am deutlichsten, wenn es darum geht, Gefühle und Emotionen in die Comic-Verfilmung zu bringen. Das Leid, das er durchlebt, als seine liebgewonnene Familie von ihm genommen wird, geht auf dem Kinosessel durch Mark und Bein. Als er sich fragt "Ist es das, was ich bin?" ist seine Resignation und Verzweiflung deutlich spürbar.
Michael Fassbender spielt erneut Magneto Foto:2016 Twentieth Century Fox
Doch in den meisten Szenen wurde deutlich der Fokus auf die um sich wütenden Action-Szenen gelegt - wohl mit dem Hintergedanken die 3D-Effekte kräftig auszunutzen. Dabei hätte dem Film vor allem eines wirklich gut getan: Weniger Ausschlachten der Zerstörung, dafür mehr Tempo. "X-Men: Apocalypse" dauert mit seinen insgesamt 145 Minuten - wie heutzutage üblich - fast zweieinhalb Stunden. Größtenteils gelingt es Regisseur Singer die Kurzweiligkeit zu halten, doch gerade gegen Ende des Films neigt man als Zuschauer dennoch dazu, einen Blick auf die Uhr werfen zu wollen.
Stattdessen wäre ein größerer Fokus auf die Beziehung zwischen den Figuren wünschenswert gewesen. Diese sind - wie man aus den Vorgänger-Filmen bereits weiß - durchaus gegeben. Es wird zwar deutlich, dass Xavier immer noch an das Gute in seinem alten Freund Erik glaubt, doch thematisiert wird dieser Konflikt nur kurz. Auch erwartet man nach ihrem ersten Aufeinandertreffen, dass sich während "X-Men: Apocalypse" bereits die später tiefen Gefühle zwischen Jean und Scott Summers alias Cyclops (Tye Sheridan) offenbaren, doch diese Hoffnung verläuft sprichwörtlich im Sande.
Ein wenig zu kurz kommt neben der Entwicklung der Charaktere und dem Aufbau der Beziehungen auch die für Marvel-Filme typische Selbstironie. Nur selten blitzt sie zwischen den ausgedehnten Kampfszenen auf - etwa als Sophie Turner als X-Men-Neuling nach einem Kinobesuch anmerkt: "Die dritten sind immer die Schlechtesten."
Für das neue Marvel-Epos "X-Men: Apocalypse" zieht Regisseur Bryan Singer alle Register, die die moderne Filmtechnik zu bieten hat. Doch bei der Menge an agierenden Personen kommt leider die Entwicklung der Charaktere zu kurz. Die großen Emotionen aus den früheren "X-Men"-Filmen bleiben aus. Action-Liebhaber und Marvel-Grünschnäbel werden in dem neuen Superhelden-Film wohl auf ihre Kosten kommen - Zuschauer, die sich nach mehr hintergründigem Witz sehen, werden vermutlich eher enttäuscht sein.
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