Wie König Ludwig im Geldsee ertrank
Mein lieber Schwan – das 16 Millionen Euro teure Filmprojekt „Ludwig II“ lockt statt Millionen nicht einmal 100000 Zuschauer ins Kino. Woran liegt’s und wer zahlt’s?
Märchenhafte 16 Millionen Euro standen an Produktionskosten zur Verfügung. Damit war „Ludwig II“ der teuerste deutsche Film des Jahres 2012 – abgesehen von der deutsch-internationalen Produktion „Cloud Atlas“. Trotz vorgezogenem Mittwoch-Start am zweiten Weihnachtsfeiertag stieg „Ludwig“ nur auf dem katastrophalen Platz 13 der Kino-Charts ein. und das, obwohl er in über 200 Kinosälen gezeigt wurde. Im Durchschnitt verirrten sich bisher nur 25 Zuschauer pro Tag und Kopie in den teuren fast Zweieinhalb-Stünder. Wohlwollend geschätzt wird der Film am Ende 100000 Zuschauer in die Kinos gelockt haben, mit einem Einspielergebnis von dann knapp 1 Million Euro. So wurden also – abgesehen von der kommenden DVD-Auswertung – mindestens 15 Millionen Euro versenkt.
WER ZAHLT’S? Großteils wir alle. Die ARD war über Sendeanstalten, ihre zentrale Produktionsfirma Degeto und vor allem den Bayerischen Rundfunk mit geschätzten 6,5 Millinen Euro beteiligt. Die Bayerische Filmföderung (FFF) steuerte den Höchstfördersatz von 1,5 Millionen plus 100000 Euro Verleihförderung bei. In den FFF-Fördertopf zahlt vor allem der Freistaat Bayern, die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM), der Bayerische Rundfunk (BR) und das ZDF neben ProSiebenSat.1 und RTL ein. So sind also auch hier Rundfunkabgaben und Steuermittel dominant. Die Bundesdeutsche Filmförderung (DFFF), ebenfalls Steuermittel, steuerte noch 2,3 Milllionen Euro bei. Rechnet man noch den deutschen Anteil an der deutsch-französischen Förderkommission hinzu, sind weit über 10 Millionen Euro unserer Rundfunkabgaben und Steuergelder in das „Ludwig“-Projekt geflossen. Auch an der Produktionsfirma Bavaria Pictures sind über die Bavaria Film noch großteils Rundfunkanstalten beteiligt. Zugestanden, Kino ist immer ein Risikogeschäft – und auch hier gilt: „No Risk, No Fun!“ Aber im Falle „Ludwig II“ hätte man den Millionen-Untergang vorhersehen – und damit vermeiden – können.
DAS FALSCHE TIMING 2011 jährte sich – unter großer Medienanteilnahme – der Todestag Ludwig II zum 125. Mal. Die Bayerische Landesausstellung zum Thema verzeichnete Besucherrekorde. Diese Welle des öffentlichen Interesses verpuffte für das Filmprojekt, das es erst jetzt, mit anderthalb Jahren Verspätung, ins Kino schaffte.
DAS DREHBUCH Im Filmgeschäft gilt die Regel: Man kann ein gutes Drehbuch leider zu einem schlechten Film machen, aber niemals aus einem schlechten Drehbuch noch einen guten Film. Im Fall „Ludwig“ schrieb das Regisseur-Paar Peter Sehr und Marie Noëlle das Drehbuch. Selbst die Produzenten sollen von Anfang an große Einwände gegen die Dialoge gehabt haben, traten aber nicht auf die Bremse. Auch so genannte Drehbuch-Polisher (Bearbeiter) konnten daran nicht mehr viel retten.
EIGENDYNAMIK Zu viele Mitproduzenten (wie unter anderen die Bavaria Pictures oder der BR, die P’Artisan-Filmproduktion der Regisseure) hatten sich schon – untereinander befreundet – auf das Projekt eingelassen. Die bayerischen und deutschen Filmförderungs-Programme schnurrten ab wie eine einmal aufgezogenen Spieluhr. Keiner wollte mehr Spielverderber sein und die fällige Notbremse ziehen.
DAS FALSCHE TEAM Verpflichtet wurden fast alle bekannten deutschen Schauspieler – von Edgar Selge über Hannah Herzsprung, von Tom Schilling bis Uwe Ochsenknecht, von Justus von Dohnányi bis Friedrich Mücke. Aber ausgerechnet für den jungen Ludwig nahm man einen im Film noch unbekannten Berliner Theaterschauspieler (den allerdings grandios spielenden Sabin Tambrea). Anvertraut wurden die 16 Millionen Euro Produktionskosten dann den Drehbuch-Autoren, dem Münchner Regisseur Peter Sehr und seiner Frau Marie Noëlle. Sehr aber hatte seit seinem Erfolg von 1992 mit „Kaspar Hauser“ (über 400000 Zuschauer) nur noch Kassengift geliefert – in absteigender Linie: „Obsession“ (1996, 65000 Zuschauer), „Love the Hart Way“ (2001, 11500 Zuschauer) und mit seiner Frau zusammen „Die Frau des Anarchisten“ (2008, 7700 Besucher). Vielleicht hätte man so jemanden wie Tom Tykwer fragen sollen, ob er das Ganze mit Florian David Fitz als Ludwig verfilmen würde? Aber das wäre dann eine ganz andere Geschichte (geworden).