Weltweit umjubelte Saga auch in Berlin gedreht: "Tribute von Panem" liefert erschreckende Bilder

Wer war der Mensch hinter dem Monster? Drei Filme hat George Lucas benötigt, um die Wandlung von Anakin Skywalker zum Filmbösewicht schlechthin, Darth Vader, nachzuvollziehen. Einen ganz ähnlichen Ansatz über die Faszination des Bösen verfolgt Regisseur Francis Lawrence in "Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds & Snakes" – auch wenn er dafür lediglich drei Film-Kapitel benötigt.
Britischer Nachwuchsdarsteller überzeugt als Coriolanus Snow
Sein Protagonist, der totalitäre Präsident Snow, richtete einst mit perverser Lust amoralische Jugend-Gladiatorenspiele aus, blieb aber anders als Darth Vader in "Star Wars" in den vier "Die Tribute von Panem"-Filmen trotz des Charismas eines Donald Sutherlands eine Randfigur. Der eigentliche Star der Reihe, die gleichsam mitfühlende wie wehrhafte Bogenschützin Katniss Everdeen, fehlt nun in dem 63 Jahre vor dem Auftritt der Rebellin angesiedelten Prequel. Was die Frage aufwirft, wer die umwerfende Jennifer Lawrence alias Katniss überhaupt ersetzen kann.
Eine überzeugende Antwort liefert der nur Insidern bekannte Tom Blyth, ein blond-schillernder britischer Nachwuchsdarsteller, der dem hier noch 18-jährigen Coriolanus Snow genau die richtige Mischung aus Anziehungskraft, Unnahbarkeit und eisigem Macht-Verlangen verleiht. Die Kunst der Verstellung, die später seinen Charakter auszeichnet, ist bei ihm anfangs lebensnotwendig.
"Tribute von Panem"-Prequel: Snow will durch sein Stipendium seine Familie ernähren
Denn nach einem verheerenden Krieg und dem Tod seiner Eltern lebt dieser Snow, so smart und ehrgeizig er auch sein mag, zusammen mit seiner Großmutter (Fionnula Flanagan) und Cousine Tigris (Hunter Schafer) in bitterer Armut. Als Student an einer elitären Kaderschmiede, in der das zu allem fähige Panem-Kapitol seine Führungskräfte ausbildet, wahrt er den Schein des Schnösels aus besserem Hause.
Snows Plan, als Jahrgangsbester mit einem Stipendium die Familie zu ernähren, wird vom Morphium abhängigen Uni-Dekan Highbottom (Peter Dinklage) und dessen Vorgesetzter, Hungerspiele-Leiterin Dr. Gaul (Viola Davis), jedoch unterlaufen. Das Kapitol giert bei seinen Live-Übertragungen der brutal beliebten, aber noch in den Kinderschuhen steckenden Arena-Kämpfen auf neue Anreize.
Zu diesem Zweck sollen Snow und seine Mitkommilitonen Mentorenrollen für die ihnen unbekannten Teilnehmer an den Hungerspielen ausfüllen. Ob der Sieger dabei am Leben bleibt ist für ein Stipendium gar nicht so wichtig. Es zählt allein, wer beim Publikum gut ankommt.
Statt einer romantischen Liebesgeschichte eine toxische Beziehung
In der zynischen Brot-und-Spiele- Logik des Films trifft es sich gut, dass Snow die aparte Sängerin Lucy Gray (Rachel Zegler, "West Side Story") aus dem Distrikt 12 zugeteilt bekommt, die bereits beim ersten Auftritt vor den Kameras Mut und Gesangstalent beweist.
Mit der Besetzung der illustren Zegler schürt Francis Lawrence geschickt die Möglichkeit einer romantischen Liebesgeschichte. Das Vorzeigepaar Snow und Lucy Gray hat aufgrund der alptraumhaften Arenasituation aber gar nicht die Chance, sich auf natürlichem Wege näherzukommen. Und so entwickelt sich zwischen den beiden eine, wie man heute sagen würde, toxische Beziehung irgendwo angesiedelt zwischen weiblichem Edelmut und männlich egomanischen Hunger nach Anerkennung, die diese ausgefuchste Dystopie gleichsam erschreckend wie aufregend macht.
Film wurde teilweise in Berlin gedreht

Die beeindruckenden Bilder wurden sogar teilweise in Deutschland gedreht. Wohnblöcke zwischen Alexanderplatz und Strausberger Platz sind zu sehen und auch die legendäre Karl-Marx-Allee. Auch das Krematorium in Treptow bekommt eine Rolle. Hier wurde die Säulen-Halle in das Büro der Spielemacherin Dr. Volumnia Gaul umgewandelt. Ebenfalls als Filmkulisse vorhanden – wenn auch in deutlich abgewandelter Form: Das Berliner Olympiastadion.
R: Francis Lawrence (USA, 157 Min.)