Was für ein Hochzeitstag!

Falsche und richtige Verdachtsmomente gehören zum Thriller. Doch man kann sie auch ungeschickt platzieren wie Christian Alvart es in "Steig.Nicht.Aus!" tut.
Claudia Nitsche |
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Wotan Wilke Möhring als Immobilienmann in Not.
SYRREAL ENTERTAINMENT Wotan Wilke Möhring als Immobilienmann in Not.
Dass der Berliner Bauunternehmer Karl Brendt (Wotan Wilke Möhring) trotz Flugangst
in einen Flieger steigt und auch dem unmoralischen Angebot seiner Sitznachbarin widersteht, lohnt nicht recht. Zu Hause angekommen wird er sowohl von seinen Kindern Josefine (Emily Kusche) und Marius (Carlo Thoma) ignoriert als auch von Frau Simone ( Christiane Paul), die nur ihren Termin im Kopf und den gemeinsamen Hochzeitstag vergessen hat. Als er Sohn und Tochter in seinem SUV
zur Schule bringt, heißt es plötzlich "Steig.Nicht.Aus!". Für einige Augenblicke meint man, dieser Film wird so gut, wie es der Name Christian Alvart ("Antikörper") vermuten lässt. Durch die Gefahr findet man einen neuen Umgang miteinander, kann sich gegenseitig neu schätzen lernen. Doch es kommt anders ... Ein Handy im Handschuhfach, ein Unbekannter am Telefon, der damit droht, die Bomben unter den Sitzen zu zünden. Steigt jemand aus, gehen sie hoch. Dass der Anrufer es ernst meint, beweist er, indem er Karls Chef vor dessen Augen in die Luft sprengt. Was will der Mann? Geld, sowohl vom privaten als auch vom Geschäftskonto, das Karl in hohen Summen besorgen soll. Und damit wird seine Ehefrau
Simone in die Geschichte hineingezogen, die, selbstverständlich und für alle außer Karl bekannt, fremdgeht. Das sind ein paar Informationen zu viel. Die Story verzettelt sich. Zunächst hat der Thriller tatsächlich Tempo, doch die Lächerlichkeit des anonymen Anrufers (Marc Hosemann) macht bereits viel kaputt. Mit seinen infantilen Drohungen wirkt er aus der Zeit gefallen. Er lässt sich nicht abwimmeln, ist dann aber doch offline, wenn Karl Brendt heimlich agieren will. Zur Angst um die Familie kommt die Polizei
, die die Verfolgung des Autos aufnimmt und davon ausgeht, dass Karl eher Täter als Opfer ist. Leider wird aus diesen Verschachtelungen kein fesselndes Verwirrspiel. Das Einzige, was bei diesem Berlin-Krimi stimmt, ist die Optik. Die Szenerie, die Christoph Krauss abfilmt, ist formidabel. Aber symmetrische, starke Bilder reichen nicht für Kinounterhaltung. Dazu braucht es auch eine Geschichte, und die ist hanebüchen und vergisst immer wieder, welchen Weg sie gerade noch beschritt. Verunsichert nimmt man von allem etwas und kommt damit komplett von einer Linie ab. Die dargestellten Emotionen wirken häufig angestrengt, tiefe Verzweiflung wechselt sich ab mit der Rolle eines eiskalten Unterhändlers, der am Telefon mit Chefs & Co. ausdealt, dass Geld auf ein Offshore-Konto fließt und der Anrufer zufriedengestellt wird. Die Gemengelage aus Ehekrise, Bombendrohung
und seltsamen Polizeiauftritten lassen den Zuschauer verwirrt zurück. Wie Regisseur Christian Alvart, der auch das Drehbuch
schrieb, auf so vielen Gebieten daneben liegen kann, bleibt unerklärlich. Die verzweifelte Jagd durch Berlin wird insbesondere im letzten Drittel ein Fiasko an Wendungen, der Kinogänger kann keine davon nachvollziehen. Es bleibt nichts, als sich gelangweilt zu wundern - insbesondere ab dem Zeitpunkt, in dem die Polizei in einer unglaublichen Variante des "Good Cop, Bad Cop"-Spiels in das Geschehen eingreift und mit Fehlinterpretationen eher verärgert als verängstigt.
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