Warte, bis der Zombie kommt
Mit einer runden Kamerafahrt lässt sich der Blick verschieben, zauberhaft, im Nu, von dem, was von außen zu sehen ist, zu dem, was unser Held sieht. Der 11-jährige Norman geht auf einer der Straßen des Örtchens Blithe Hollow zur Schule und grüßt und spricht in die Leere hinein. Dann dreht sich die Kamera um ihn und plötzlich sieht auch der Zuschauer all die Geister, die diese Straße bevölkern und die einzig Norman wahrnehmen kann. Was verrückt ist, was normal, das ist eine Frage der Perspektive, und der 3D-Stopmotion-Film „ParaNorman” hat einige dieser wunderbaren Wendungen zu bieten, die vor Augen führen, wie relativ doch jede Wahrnehmung, jedes Urteil ist, auch was den Horror betrifft.
Die Animationsfirma Laika hat schon Henry Selicks „Coraline” produziert, ein böses Märchen, in dem der Grusel auch darin lag, dass die Augen, die Fenster zur Seele, durch Knöpfe ersetzt wurden. Die Augen nun in „ParaNorman” sind ganz beseelt, Melancholie liegt in den Blicken der Zombies, die in Blithe Hollow auftauchen. Der Fluch einer Hexe liegt auf der Stadt, die Verstorbenen kehren darum eines Tages zurück. Norman muss zusammen mit seinem fülligen Freund Neil und anderen unverhofften Helfern dann all das gerade rücken, was einst schief gelaufen ist.
Dabei mischen sich Anklänge an Arthur Millers „Hexenjagd” (1953) in den Film hinein. Mit der Kommunistenhatz der McCarthy-Ära hat Miller sich im Gewand eines historischen Dramas beschäftigt, und auch hier erscheint der Mob der Bürger monströser als die Zombies, von denen sie sich angegriffen fühlen. Der Horror der Untoten ist schleichend und droht seit jeher, lächerlich zu wirken. Es dauert schon arg lang, wie sie sich einem Mann in einer dunklen Gasse nähern, wo der sich gerade eine Tüte Chips an einem Snack-Automat kaufen will. Langsam sind die Automaten, noch langsamer die Zombies.
Zwei Jahre hat es gedauert, um diesen Stopmotion-Film zu drehen. Bild für Bild werden die handgemachten Figuren positioniert und fotografiert, damit später im Fluss der Bilder die Illusion von Bewegung entsteht. Für ein, zwei Minuten Film brauchte das Team um Sam Fell und Chris Butler allein beim Dreh eine Woche. Geduldig müssen die Animatoren bei ihrer Arbeit sein, und was für eine rasante, gewitzte Hommage an alte Zombiefilme ist dabei entstanden.
Kino: CinemaxX, Mathäser und Cinema, Museum Lichtspiele (OV)
R: Chris Butler, Sam Fell (USA, 93 Min.)