"Virtual Reality Pop Up Kino": Neu bekannt!
Bei der Vorstellung läuft einem ein berechtigter Schauer über den Rücken: Auschwitz und Flüchtlinge in Seenot als Virtual Reality-Erlebnis. "Ist das pervers?" hat sich auch der DOK.forum- Leiter Sebastian Sorg gefragt. Wenn man diese Technik nur als Jahrmarktsspielerei betrachtet, wäre es das auf jeden Fall.
Das DOK.fest will aber mit seinem "Virtual Reality Pop-Up Kino" zeigen, dass sich damit auch ernsthafte künstlerische und journalistische Projekte verwirklichen lassen. In diesem Zusammenhang ist "virtuelle Realität" vielleicht auch der falsche Begriff. "Eine solche kann stattfinden, unsere Realität aber auch" meint Festivalleiter Daniel Sponsel. Und der Großteil der sieben gezeigten Kurzfilme zeigt eben diese. Nur eben nicht auf der Leinwand, sondern durch die Hightech-Brille.
Alle Filme sind in 360°- Technik gedreht worden, also egal in welche Richtung der Besucher seinen Kopf dreht, er sieht immer etwas. Dass das nicht nur ein "Wow"-Effekt sein kann, sondern eine Chance bietet, bereits Bekanntes völlig neu zu erleben, zeigt gleich die WDR-Produktion "Inside Auschwitz". Ein Film, der zum Glück nicht als Geisterbahnfahrt inszeniert ist, sondern den Zuschauer in nüchternen Bildern durch das ehemalige KZ führt. Dazu hört er die Berichte dreier Überlebender. Ein solches Projekt kann nur funktionieren, wenn man das Seherlebnis nicht für sich allein stehen lässt, sondern es in den nötigen Gesamtkontext einordnet.
So auch "Meer der Verzweifelten", ein Beitrag der "Süddeutschen Zeitung", bei dem man die Helfer von "Jugend Rettet" auf dem Mittelmeer begleitet. Kein reißerischer Abenteuer-Simulator, sondern ein journalistischer Kurzfilm, der da einsetzt, wo die Wirkung von Zahlen und Statistiken verblasst.
Weiterhin zeigt die Trilogie "Nomads" das Leben der Maasai, der Sama-Bajau und der Mongolen. "Notes on Blindness: Into Darkness", zeigt die Welt aus der Sicht eines Erblindenden, basierend auf den Tonbändern des Professors und Autors John Hull. Ein wenig aus dem Rahmen fällt das Dystopie-Experiment "Rhizomat", das versucht die Zukunft des optimierten Menschen zu zeigen. Durchaus unterhaltsam, aber in seiner Fiktion wirkt er ein wenig wie ein Fremdkörper.
Wer nun Angst hat, dass die Zukunft des Dokumentarfilms komplett bebrillt ist, den kann Daniel Sponsel mit einem Blick in die Historie beruhigen. Schließlich habe ein neues Medium ein altes nie ersetzt, sondern lediglich ergänzt.
bis 14. Mai im Loftcube von Werner Aisslinger, Pinakothek der Moderne, betretbar Mo - Fr 14 - 20 Uhr, Sa & So 11 - 20 Uhr, Eintritt frei
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