Victoria - Im Rausch einer Nacht
"Victoria“ ist der deutsche Filmclou des Jahres: Bei der Berlinale gewann der Film den Silbernen Bären, beim Deutschen Filmpreis ist er in sieben Kategorien nominiert.
Was für ein Start vor dem Start für Produzent Jan Dressler: „Victoria“ ist sein erster Film, mit 47.
Dressler arbeitet eigentlich als Werbefilmer in Berlin. Bei einem Dreh 2004 freundete er sich mit Sebastian Schipper an. Der spielte in Tom Tykwers „Drei“ und wurde als Regisseur mit „Absolute Giganten“ bekannt. „2013 mussten wir feststellen, dass wir seit Jahren über das Filmemachen sprechen, aber noch nie etwas gemacht haben“, sagt Dressler. Also beschlossen sie, einen Film zu machen – und zwar gleich einen extremen: „Victoria“ wurde in nur einer Einstellung gedreht, der Film erzählt in Echtzeit die Geschichte einer Disconacht, die in einen Bankraub mündet. Ein Drehbuch gab es nicht, die Schauspieler sollten zwei Stunden nonstop improvisieren, nur auf Basis eines groben Skripts.
Mit der Idee haben sich Dressler und Schipper auf die Suche nach Geldgebern gemacht. „Wir haben beschlossen: Wenn es irgendwelche Einwände gibt, werfen wir das Projekt in die Tonne“, sagt Dressler. „Wenn man eine Idee zu stark optimiert, ist es nicht mehr dieselbe Idee. Dabei werden die Ecken abgeschliffen. Wir wollen unserer Eingebung so direkt wie möglich folgen.“ Die Geldgeber – Verleih und Förderungen – ließen sie machen, ohne Einwände.
Aber wieso das ganze, wieso kein gewöhnlicher Film? „Sebastian Schipper und ich haben rumfantasiert, was Jungs gerne mal erleben würden“, sagt Dressler. „Und wir kamen auf einen Bankraub. Den Kick hätte man schon mal gern. Aber das geht natürlich nicht, allein weil man niemanden mit einer Waffe bedrohen will. Da beschlossen wir, einen Film darüber zu machen. Und wenn man so nah wie möglich an das echte Erlebnis kommen will, drängt es sich auf, in einem Take zu drehen.“
Drei Wochen dauerten die Proben, dann hatte Regisseur Schipper drei Versuche für die eine Kamerafahrt, die den ganzen Film dauert. Die ersten beiden Versuche scheiterten. Am dritten – und letzten – Drehtag hätten Schipper und Dressler auf Nummer sicher gehen können und viele einzelne Szenen drehen können. Sie hätten immerhin einen eher konventionellen Film im Kasten gehabt. Aber sie setzten alles auf eine Karte. Und drehten noch mal diesen einen, zweistündigen Szenenfluss.
„Dabei entstehen Momente, die in Filmen eigentlich nicht entstehen können“, sagt Dressler. „Momente, in denen nichts passiert, in denen die Kamera wegschaut. Durch das One-Take-Konzept bekommt der Film irgendwann etwas Trip-artiges.“ Der Trip hat die Kritiker begeistert. „Ich freue mich natürlich sehr über die fantastischen Reaktionen. Letztendlich wünsche ich mir aber eben doch zuerst die Wertschätzung des ganz regulären Kinopublikums“, sagt Dressler. Der 47-jährige Neu-Produzent arbeitet schon an fünf möglichen neuen Projekten, darunter auch extreme Stoffe. Und Werbung macht er auch weiter. „Die Mischung ist ein Traum“, sagt Dressler. „Das habe ich mir immer gewünscht.“
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