„Verräter wie wir“: Wodka & Champagner

Unterschiedlicher könnten sie nicht sein, der distinguierte englische Poesie-Professor Perry und seine karriereversessene Frau Gail auf der einen, der russische Geschäftsmann und tief in Schwarzgeldgeschäfte verwickelte Mafioso Dima auf der anderen Seite. Im malerischen Marokko will das Paar seine durch einen Seitensprung des Akademikers mit einer Studentin bedrohte Beziehung kitten und gerät in größte Gefahr.
Der Russe freundet sich mit ihnen gezielt an. Damit er samt Familie aussteigen kann aus der Verbrecherwelt und mit neuer Identität irgendwo neu starten kann, soll Perry brisante Informationen an den britischen Geheimdienst weitergeben. Der dilettantische Plan geht gründlich schief – und zwar ausgerechnet durch Dimas verliebtes Töchterlein, die das geheime Versteck versehentlich dem Todeskommando per Handy preisgibt.
Nach der Vorlage von John le Carrés Roman spinnt Susanna White eine Verschwörungssaga als Gegenentwurf zur Eleganz eines unschlagbaren James Bond zusammen, wo vor allem der Schwede Stellan Skarsgard als unberechenbarer Dima brilliert, mal melancholisch Wodka saufend, mal schick Champagner schlürfend: ein skrupelloser Machtmensch, aber auch einer mit Herz, der Verantwortung für seine Familie spürt und alles tut, um sie zu retten.
Ganz nebenbei stochert die Story noch im Dreck des Finanzcrash von 2008 und nimmt den Einfluss von Russland und Europa auf England unter die Lupe. Wie das ahnungslose Paar naiv durch Spionagewelt und dubiose Politik navigiert, wirkt mit seinen abstrusen Wendungen zwar nicht immer glaubwürdig. Aber die Besetzung mit Ewan McGregor, der weit weg vom Image des Superschurken aus „Illuminati“ auftrumpft, und Naomie Harris, die ohne coole Miss Moneypenny-Attitude aus „Spectre“ Punkte sammelt, machen das wett.
Der „Old School“-Thriller erfindet das Genre nicht neu, dafür bietet er spannende Unterhaltung und exotischen Schauplätze mit großem Schauwert.
Dass hier kein Geheimagent im Dienste ihrer Majestät als Überflieger für Ordnung sorgt, sondern alle Beteiligten sich ungewollt in dunkle Machenschaften verstricken und es keine strahlenden Helden gibt, macht die Geschichte sympathisch.
Am Ende weiss man: Auch beim berühmt-berüchtigten MI6 wird nur mit Wasser gekocht – und so mancher lupenreine Agent hat Dreck am Stecken. Eine Hand wäscht eben die andere.
R: Susanna White (GB, 108 Min.)
Kino: Astor Lounge, Gabriel, Leopold, Mathäser, Monopol, Rottmann, Royal, City (auch OmU)