"Verleugnung": Lügen niemals stehen lassen!

Ob Trump, Erdogan oder Höcke: Rechte Propaganda lebt von der Provokation, mit der Diskussionen polarisiert und demokratische Übereinkünfte aufgekündigt werden. Dabei werden gezielt Behauptungen als Gewissheit verkauft und "alternative Fakten" als Argumentationshilfen etabliert. Insofern kommt Mick Jacksons "Verleugnung" jetzt zur richtigen Zeit in die Kinos, obwohl ein Gerichtsprozess aufgerollt wird, der zwanzig Jahre zurückliegt.
Ein Gerichtsdrama, das uns alle angeht – gerade heute
Im September 1996 verklagte der britische Militärhistoriker und Holocaust-Leugner David Irving die US-Professorin Deborah Lipstadt. Sie hatte ihn in ihrem Buch "Betrifft: Leugnen des Holocaust" der Geschichtsfälschung bezichtigt. Die Veröffentlichung habe seinem Ansehen als Historiker erheblichen Schaden zugefügt. Bei aller Eitelkeit ging es Irving jedoch weniger um sein Image. Vielmehr sah er in dem Prozess eine Chance: Der Prozess könnte seine Behauptung, es habe in Auschwitz keine Gaskammern gegeben, ein großes öffentliches Forum geben.
Regisseur Jackson entwirft mit "Verleugnung" ein klassisches Gerichtsdrama, das mit Spannung und analytischer Schärfe die rechtsextremen Provokationsstrategien durchleuchtet. Rachel Weisz spielt die amerikanische Wissenschaftlerin, die einen Vergleich verweigert und sich auf den Prozess einlässt. Das britische Justizsystem dreht bei Verleumdungsklagen aber die Beweispflicht um! So muss Deborah als Angeklagte mit ihren Anwälten (gespielt von Jack Lowden und Tom Wilkinson) nachweisen, dass Irving historische Fakten verfälscht. In der öffentlichen Wahrnehmung des Falles geht es – ganz so wie es sich Irving (Timothy Spall) erhofft hatte – nicht um Schuld oder Unschuld der Angeklagten, sondern darum, ob der Holocaust bewiesen werden kann.
Genau dem wollen die Anwälte von Deborah entgegenwirken, indem sie Irving als pseudowissenschaftlichen Gesinnungstäter entlarven wollen. Dazu gehört auch, dass keine Holocaust-Überlebenden in den Zeugenstand gerufen werden, um Irving nicht die Gelegenheit zu geben, ehemalige Lagerhäftlinge ins demütigende Kreuzverhör zu nehmen. Auch die angeklagte Wissenschaftlerin soll schweigen, wie die Anwälte raten, um der Gegenseite keine Angriffsfläche zu bieten, worauf sich die kämpferische Deborah nur widerstrebend einlässt. Aber in diesem Prozess geht es nicht um moralische Posen, sondern darum, Irving ein für alle Mal das Handwerk zu legen.
Es gibt einen sehr erhellenden Moment in diesem Film: Gegen Ende eines langen Prozesstages treibt Irving, der sich vor Gericht selbst vertritt, einen Experten in die Enge. Er behauptet, dass es die auf den Plänen eingezeichneten Löcher im Dach, durch die Zyklon B in die Gaskammern eingeführt wurde, nicht gegeben habe: "Keine Löcher, kein Holocaust" lautet seine Schlussfolgerung. Prompt ist sie am nächsten Tag in großen Lettern auf den Zeitungen zu lesen. Dass schon am folgenden Prozesstag die Existenz der Einfülllöcher nachgewiesen werden kann, scheint die Öffentlichkeit kaum noch zu interessieren. Es bleibt der rechte Hammersatz hängen!
Dieser mediale Wahrnehmungsmechanismus erscheint nur allzu vertraut. In Zeiten kommunikativer Reizüberflutung profitieren Parolen: Wer am lautesten schreit, wird gehört (und oft auch gewählt). "Verleugnung" zeigt in analytischer Klarheit, dass es gegen diese Art der Propaganda keine Alternative gibt, als kraftvoll und ohne Unterlass die Lügen und Strategien öffentlich zu entlarven.
Kino: Arena, Sendlinger Tor
R: Mick Jackson (GB/USA, 109 Min.)