Steven (Colin Farrell) und Anna (Nicole Kidman) leben mit ihren beiden Kindern einen behüteten amerikanischen Traum. Steven arbeitet als Herzchirurg an einem großen Krankenhaus, Anna ist Augenärztin
. Die 15-jährige Tochter Kim (Raffey Cassidiy) singt im Chor, während der kleine Bob (Sunny Suljic) gute Fortschritte am Klavier macht. Gelegentlich haben Steven und Anna erfüllten ehelichen
Sex, im Alltag macht man sich gegenseitig Komplimente. Es ist ein nahezu perfektes bürgerliches
Idyll, das der griechische Regiestar Yórgos Lánthimos ("The Lobster") seinem Publikum vorführt. Doch warum trifft sich Steven häufig und heimlich mit dem 16-jährigen Martin (Barry Keoghan, "Dunkirk")? Bald wird der Junge aus einfachen Verhältnissen sogar der Familie vorgestellt - deren geschütztes Leben von nun an aus den Fugen gerät. Yórgos Lánthimos ist mit "The Killing Of The Secret Dear" einer der besten und beunruhigendsten
Filme des Jahres gelungen. Das anfänglich rätselhafte und von einer leisen Spannung getragene Beziehungsdrama verwandelt sich mehr und mehr zu einer Mischung aus griechischer Tragödie und Horrorfilm
. In Cannes wurde es 2017 mit dem Drehbuchpreis ausgezeichnet. Auch die übrigen Kritiken zu Lánthimos zweitem englischsprachigen und erstem in den USA gedrehten
Film fielen euphorisch aus. Seit dem Vorgänger "The Lobster", ebenfalls mit Colin Farrell in der Hauptrolle, gilt der 1973 in Athen geborene Autor und Regisseur als einer der interessantesten Filmemacher
der Gegenwart. Das Kino Lánthimos' geht auf mysteriöse Art an die Nieren, weil in kühl komponierten und betexteten Bildern brillant gebaute Geschichten vorgetragen werden. Harte, ja fast gnadenlose Geschichten, von denen man sich als Zuschauer kaum distanzieren kann. In "The Lobster", der in Cannes 2015 mit dem Preis der Jury geehrt wurde, spielte Farrell einen verlassenen Ehemann
, der in einer nur sanft futuristisch gestalteten Gesellschaft 45 Tage Zeit hat, in einem Hotel für Singles eine neue Partnerin zu finden. Gelingt es ihm nicht, würde er in ein Tier seiner Wahl verwandelt. Auch in "The Killing Of A Secret Deer" muss man sich auf mysteriöse, schwer zu erklärende Dinge einlassen, um einer beängstigend konsequent erzählten Geschichte zu folgen. Für die Qualität Lánthimos' als Autor und Regisseur spricht jedoch, dass man sich als Zuschauer fast schon aktiv gegen den Sog des Wahnsinns wehren muss, um dem Film
nicht mit ganzem Körper und Seele zu verfallen. Denn das würde bedeuten, den Horror der Familie um Farrell und Kidman ungefiltert mitzuerleben. Während "The Lobster" ein Film war, bei dem sich nicht jeder auf die irre Prämisse des Plots einlassen konnte, ist Lánthimos' irres Angstkino dem am Mainstream orientierten Zuschauer mit "The Killing Of The Secret Dear" gefährlich nah auf die Pelle gerückt. Man fühlt sich nicht gut nach diesem Film - sein Grusel bleibt lange im Kopf hängen. Für die Qualität eines Kinoerlebnisses abseits des bloßen Unterhaltungswunsches ist das immer ein gutes Zeichen.
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