"Triple 9": Rasanter Thriller mit Problemen beim Zieleinlauf
"Wahnsinns Cast", dieser Gedanke schießt einem als erstes durch den Kopf, wenn man die Besetzungsliste des Gangster-Thrillers "Triple 9" (Kinostart: 5. Mai) sieht. Serienstars wie Zombie-Jäger Norman Reedus, Meth-Koch Aaron Paul und "True Detective" Woody Harrelson treffen auf "Avenger" Anthony Mackie und "Wonder Woman" Gal Gadot. Und dann wären da auch noch Casey Affleck, Kate Winslet und Chiwetel Ejiofor. Doch trotz dieses All-Star-Teams und dem verheißungsvollen Beginn geht dem Film von John Hillcoat leider ab der Mitte die Puste aus.
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Jagd auf Cop-Killer
Wenn in den USA der Zahlencode "9 9 9" über den Polizeifunk durchgegeben wird, rasen alle Beamten zum Einsatzort. Denn "Triple 9" steht für einen niedergeschossenen Polizisten und einen Cop-Killer will jeder Kollege des Opfers vor die Flinte bekommen. Doch an der Sache gibt es einen gigantischen Haken: Wenn alle Einsatzkräfte an einem Ort versammelt sind, wer sieht dann im Rest der Stadt nach dem Rechten?
Genau das will sich eine Gruppe aus Ex-Soldaten und den beiden korrupten Bullen Marcus Belmont (Mackie) und Franco Rodriguez (Clifton Collins Jr.) zu Nutze machen. Unter der Leitung von Michael Atwood (Ejiofor) plant das Team einen riskanten Überfall für die russische Mafia, angeführt von Irina Vlaslov (Winslet). Doch damit das gelingen kann, muss zuvor ein toter Cop für die nötige Ablenkung sorgen. Wie passend, dass Belmont in Form von Chris Allen (Casey Affleck) den unerfahrenen Neffen des Sergeants (Woody Harrelson) und gefühlt einzigen noch aufrichtigen Polizisten als neuen Partner bekommen hat. Das perfekte Opfer scheint gefunden...
Viele Stars sorgen für viel Verwirrung
Schon bei dieser stark vereinfachten Inhaltsangabe wird deutlich, dass während der 110 Minuten von "Triple 9" aufgrund der vielen Charaktere erhöhte Gefahr besteht, den Faden zu verlieren. Und tatsächlich ist der Film streckenweise sehr verworren, die Motivation der Figuren kann oft nur erahnt werden. Das liegt nicht zuletzt daran, dass "Triple 9" mit Informationen über die Hauptfiguren und deren Beziehung zueinander ungemein geizt.
Die berühmte Filmdevise "Show, don't tell" ("Zeigen, nicht erzählen") ist zwar löblich, weil es die Zuschauer fordert, statt ihnen alles vorzukauen. Wenn wichtige Inhalte dann aber lediglich über einen Nebensatz vermittelt werden, schadet das nicht nur dem generellen Verständnis, es lässt den Zuschauer auch bei manchem Figuren-Schicksal kalt. Nichtsdestotrotz ist es vor allem der Star-Power der Hauptfiguren Affleck, Mackie, Harrelson und Ejiofor zu verdanken, dass die ohnehin eindringlichen Action-Szenen noch nervenaufreibender werden.
Winslet als quietschbunt gekleidete und skrupellose Patriarchin der Russen-Mafia ist hingegen ein ungewohntes Bild, das wie ihr russischer Akzent hin und wieder stark bröckelt. Und Aaron Paul darf in seine Paraderolle als abgefuckter Junkie schlüpfen und gibt dabei eine ebenso überzeugende wie mitleiderregende Performance ab, die ihn in "Breaking Bad" in die Riege der Top-Stars katapultierte.
Ein Einstand nach Maß
Worüber es eigentlich keine zwei Meinungen geben kann, ist der eindringliche Beginn von "Triple 9". Der eingangs gezeigte Banküberfall ist Spannung pur, Erinnerungen an die epochale Straßenschlacht aus "Heat" werden wach. Und auch im Verlauf des Films, sei es bei einer Razzia oder dem finalen Coup, hat sich der Film in den zahlreichen Action-Szenen wenig bis gar nichts vorzuwerfen. Wem hier nicht streckenweise das Herz in die Hose rutscht, hat auch auf der Achterbahn einen Ruhepuls von 60. Hauptproblem sind dagegen viele der Szenen dazwischen.
Die Frage des Films ist weniger, wie und wieso sich Cops korrumpieren lassen, sondern wie es möglich sein kann, dass es noch aufrichtige Bullen gibt. "Triple 9" zeichnet ein düsteres, gewaltsames, stellenweise deprimierendes Bild, das manchem Zuschauer zu niederschmetternd sein könnte. Zumal es der Film einem durch die eingangs erwähnte Menge an Charakteren verdammt schwer macht, eine emotionale Bindung zu den einzelnen Figuren aufzubauen - sieht man von Chris Allen (Affleck), dem moralischen Anker von "Triple 9", einmal ab.
Manchem Cineasten könnte das reichen, andere dürfte dies speziell am Beispiel des Familienvaters Michael Atwood (Ejiofor) verschenkt vorkommen. Hier hat Vorbild "Training Day", das sich insgesamt auf weit weniger Protagonisten beschränkte und sie so feiner Zeichnen konnte, eindeutig die Nase vorne.
Fazit:
Ist "Triple 9" von vorne bis hinten überzeugend? Bekommen alle Schauspieler die Chance, ihr Talent zu zeigen? Und bleibt einem "Triple 9" auch nach dem Abspann noch lange in Erinnerung? Die Antwort darauf ist ein "Triple Nein". Dennoch kann der Thriller mit nervenaufreibenden Szenen aufwarten, die einem spontan den Atem stocken lassen. Summa summarum macht das aus "Triple 9" einen soliden Streifen, bei dem man aber das fade Gefühl nicht loswird, dass er viele seiner zahlreichen PS einfach nicht auf die Strecke bringt.