"Thor: Tag der Entscheidung" - Heldenreise ohne Hammer
Naiv, fast zurückgeblieben wirkte Donnergott Thor zuletzt im Marvel-Kosmos. Dem Muskelprotz mit dem fliegenden Hammer fehlt einfach die Pfiffigkeit eines Iron Man oder die magische Geheimniskrämerei eines Doctor Strange.
Verständlich, dass die Vorfreude auf ein drittes Solo-Abenteuer mit dem von der nordischen Mythologie inspirierten Comic-Helden eher bescheiden ausfiel. Deshalb setzte Marvel-Chef Kevin Feige mit der Verpflichtung des nur unter Cineasten bekannten Regisseurs Taika Waititi alles auf eine Karte. Der junge Neuseeländer ist für seinen schrägen Humor bekannt, erzählte in "5 Zimmer Küche Sarg" von den Problemen einer Vampir-WG oder ließ in "Wo die wilden Menschen jagen" ein dickliches Problemkind mit seinem knorrigen Ziehvater den Dschungel unsicher machen.
Umso erstaunlicher, dass Waititi seinen Sinn für Unsinn auch in einem 180 Millionen Dollar teuren Blockbuster wie "Thor: Tag der Entscheidung" ohne Hemmungen ausleben darf. Das Ergebnis ist eine alberne Abenteuer-Wundertüte voller selbstironischer Auftritte bestens gelaunter Stars. Bereits der Prolog macht klar, wohin die Reise geht. Da baumelt ein scheinbar hilfloser, gefesselter Thor (Chris Hemsworth) vor dem gewaltigen Feuerdämon Surtur, der mit Grabesstimme androht, eine Ragnarök – sprich: Weltuntergang – zu entfachen. Der Sohn Odins scheint sich dafür jedoch nicht gerade brennend zu interessieren. Er hat vielmehr das Problem, Surtur nicht richtig antworten zu können, denn durch seine Drehungen hat er das Monster zumeist im Rücken.
Die dünne Geschichte zerfällt in aberwitzige Einzelepisoden
Wer mit diesem selbstironischen, bewusst lächerlichen Tonfall etwas anfangen kann, wird auch die nächsten zwei Stunden seinen Spaß haben – auch wenn die eh schon dünne Geschichte mangels Glaubwürdigkeit an Spannung einbüßt und in aberwitzige Einzelepisoden zerfällt. Wir erleben Thor, wie er seinen tot geglaubten sarkastischen Halbbruder Loki (Tom Hiddleston) beim degenerierten Theaterspiel überrascht und erfahren kurze Zeit später vom todessehnsüchtigen Göttervater Odin (Anthony Hopkins), dass die beiden auch noch eine Schwester haben. Wenig überraschend, dass Hera (Cate Blanchett), eine zischende Hexe im Leder-Fetischdress und mit ausfahrbarem Hirschgeweih, nur Zerstörung und – mal wieder – eine Ragnarök im Sinn hat.
Um sich ihr aber im für Marvel-Filme gewohnt bombastisch-überladenen Showdown zu stellen, muss Thor erst einmal seine Heldenreise ganz ohne seinen zerstörten Hammer überstehen. Die führt ihn in der vielleicht witzigsten Sequenz auf den knallbunten Müllplaneten Sakaar. Dort führt Grandmaster, der wohl entspannteste Tyrann der Comic-Filmgeschichte, das Zepter. Verkörpert wird er von einem brillant aufgelegten Jeff Goldblum. Wenn Thor in der Gladiatorenarena dann auf seinen alten "Avengers"-Kumpel Hulk (Mark Ruffalo) trifft, aber feststellen muss, dass der vor lauter Prügelei völlig verblödet ist, läuft der Film zur komödiantischen Höchstform auf.
Ob sich eine solche lustvolle Loslösung von jeder Ernsthaftigkeit, von jedem dramatischen Konflikt aber auch in weiteren Filmen wiederholen lässt, bleibt abzuwarten.
Kino: Cadillac, Royal, Cinemaxx, Mathäser, Münchner Freiheit; Cinema und Museum (OV)
Regie: Taika Waititi (USA, 130 Min.)
- Themen:
- Cate Blanchett
- Münchner Freiheit