"The Witch": Ein teuflisches Spektakel im 17. Jahrhundert
Horrorfilm ist nicht gleich Horrorfilm. In diesem Genre wurde schon so ziemlich alles ausprobiert. Robert Eggers (geboren 1982) wagt sich mit seinem ersten Kinofilm "The Witch" an eine Neuinterpretation und bedient sich dabei an jahrhundertealten Zutaten: Hexerei, Besessenheit und Magie. Beim prestigeträchtigen Sundance Film Festival erhielt er für sein Erstlingswerk den Preis für die beste Regie. Doch kann der Streifen auch die Genrefans überzeugen?
Neuengland, 1630. Farmer William (Ralph Ineson) findet, gemeinsam mit Frau Katherine (Kate Dickie) und den fünf Kindern, ein neues Zuhause auf einem abgelegenen Stück Land, nahe eines düsteren Waldes. Bald kommt es zu beunruhigenden Vorfällen: Tiere verhalten sich aggressiv, eines der Kinder verschwindet, während ein anderes von einer dunklen Macht besessen zu sein scheint. Misstrauen und Paranoia wachsen und die älteste Tochter Thomasin (Anya Taylor-Joy) wird der Hexerei beschuldigt. Als sich die Lage immer weiter zuspitzt, werden Glaube, Loyalität und Liebe jedes einzelnen Familienmitgliedes auf eine schreckliche Probe gestellt...
Auch ohne das Horror-Genre wäre dieses Kapitel der Geschichte Neuenglands ein dunkles. Bereits Jahrzehnte vor den berüchtigten Hexenprozessen in Salem kursierten Märchen und Sagen vom Satanskult, im Wald lebenden Hexen und Übernatürlichem durch den gottesfürchtigen Osten der USA. Die Zeit war geprägt von streng christlichem Denken und der Vorstellung, die Frau sei das Dunkle und Böse - die Sünde schlechthin. Dieses Gedankengut ist die Grundlage für das Kinofilm-Debüt von Robert Eggers.
Der ganze Film ist sehr düster gehalten. Die Farbpalette reicht kaum über Grau-, Braun- und Grüntöne hinaus. Aus gutem Grund: So kommt das rote Blut wunderbar zur Geltung. Mag der Anfang noch so trügerisch ruhig erscheinen, unterschwellig ist die drohende Gefahr schon zu spüren. Die Mischung aus psychisch-emotionalem und physischem Horror schafft eine besondere Gruselstimmung. Die teils dramatische Musik - aber auch ihr Fehlen - trägt ihr Übriges dazu bei, um diese Atmosphäre noch zu verstärken. Kinematographisch ist der Film zudem großartig gemacht.
Die Kameraführung fesselt den Zuschauer förmlich. Eggers hat sich hierbei offenbar von Regie-Legende Stanley Kubrick (1928-1999, "Eyes Wide Shut") inspirieren lassen. Langsame Kamerafahrten auf ein Ziel zu - ganz ruhig und ohne Musik - sowie harte Schnitte von dramatischen Höhepunkten zu Szenen völliger Regungslosigkeit, Elemente die zum Beispiel im Horror-Klassiker "Shining" mit Jack Nicholson (79, "Das Beste kommt zum Schluss") zu sehen sind und hier ebenfalls umgesetzt wurden.
"The Witch" bietet vieles, was Horrorherzen höher schlagen lässt: Spannung, Blut, Grusel sogar Ekel und einen Exorzismus. Die Geschichte lässt an manchen Stellen etwas zu wünschen übrig. Niemand weiß so recht, auf was es hinauslaufen soll oder warum manche Charaktere sich so verhalten, wie sie sich verhalten. Ein kleines Verwirrspiel im Reich des Gruselns. Die Schauspieler, allen voran Anya Taylor-Joy (20, "Atlantis") als älteste Tochter, bieten dennoch ein geradezu teuflisches Spektakel.
Filmfans, die unterschwelligen Horror mögen, denen aber auch blutige Szenen nichts ausmachen, sollten sich "The Witch" nicht entgehen lassen. Das Horror-Genre wird neu kombiniert: Daumen hoch für die Idee, jahrhundertealte Geschichten für das Gruselgenre zu verwenden. Zudem Daumen hoch für Eggers furchterregende Umsetzung. Nur scheint der Fokus etwas zu stark auf der technischen Umsetzung des Films gelegen zu sein - darunter musste die Story leiden. Zum Gruseln reicht es aber allemal.
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