"The Nice Guys": Eine lässig-harte Leichtigkeit

Testfrage: Wäre es Kunst, wenn nach 180 Jahren einer im Stil Beethovens auf ähnlichem Niveau dessen „10. Symphonie“ komponieren würde? Nein! Denn zur Kunst gehört immer auch die Spiegelung ihrer Gegenwart. Sonst ist es bloß künstlerisch tote Nachahmung, wie perfekt sie auch immer gemacht ist. Insofern wäre „The Nice Guys“ auf den ersten Blick nichts weiter als ein guter 70er-Krimi, der aber die Frage aufwirft: Warum dreht man ihn heute, wo man doch aus der Zeit doch original Friedkins „French Connection“ oder sanfter die TV-Serie „Die Straßen von San Francisco“ hat?
Eine Antwort wäre vielleicht: Nostalgie! Denn wann waren Autos jemals cooler, weil noch nicht Windkanal-erprobt oder peinlich SUV-aufgebockt? Wann waren die Sitten lässiger, weil die sexuelle Revolution schon vorbei, aber Aids noch nicht virulent war? Wann durften Sprüche noch härter sein, weil noch keine politische Korrektheit sie verdarb als eben in diesen bunten 70ern?
So ist Shane Blacks Film jedenfalls schon einmal ein amüsanter Detektivfilm mit zwei dramaturgisch frech besetzten Schnüfflern: dem hier abgehalfterten, hard-boiled Alt-Gladiator Russell Crowe und dem alleinerziehenden Weichei-Privatermittler Ryan Gosling, die unfreiwillig in einem Fall zusammenarbeiten müssen, der sie ins lebensgefährliche Prostitutions-Mafia- und korrupte Polizei- und Politik-Milieu von Los Angeles führt, einer Stadt, die nächtlich unterhalb der Hügel hinter den großen, damals verwitterten „Hollywood“-Lettern ewig lockend glitzert mit Star- und Halbwelt-Poolparty-Räuschen, Sex und Abenteuer. So weit, so spannend. Aber dann hat „The Nice Guys“ auch noch diese Ebene, die den eigentlichen Witz ausmacht: Reflexion.
Zeitgeist lässig karikiert
Denn wir erleben 1977 eben auch als eine lässige, augenzwinkernde Karikatur, die so nur mit Abstand möglich ist: Die Teenager sind hier von der damaligen Sexwelle erfasst und nicht weniger aufgeklärt, als es heute das Internet besorgt, aber lustiger, frecher.
Die Studentenproteste – wie ein Sit-in gegen die Smog-Belastung – noch engagierter, direkter und naiver als social-media-organisierte Occupy-Bewegungen. Und wenn am Ende ein wahnsinniger Show-Down ganze Edelpartys und Hotels zerlegt, muss man über eine Zeit lächeln, als ein James Bond sich noch psychisch unangekränkelt und mit surrealer Leichtigkeit durch Abenteuer und Gefahren schoss.
Manches erinnert – mit Anspielungen – auch an die 70er-Hommagen Tarantinos, ist aber kein „Pulp Fiction“, sondern nur leicht ironisch überzeichnete Edel-Nostalgie, also ein Kinovergnügen, das vielleicht nicht groß über den Abspann hinauswirkt, aber doch genug Intelligenz hat, um nicht platt zu sein.
Kino: Münchner Freiheit, Cinemaxx, Mathäser (auch OV) und Cinema, Museum (OV)
R: Shane Black (USA, 116 Min.)