"The Finest Hours": Das Leben schreibt die unglaublichsten Drehbücher
Wenn man bei einem Kinobesuch als erstes den Satz "Dieser Film basiert auf einer wahren Geschichte" liest, schrillen gerne sämtliche Cineasten-Alarmglocken. Denn in aller Regel haben derartige Filme außer rudimentären Gegebenheiten gerne so gar nichts mit der Realität zu tun. Auch Disneys "The Finest Hours" dichtet zu Gunsten der Emotionalität fleißig dazu. Vielleicht zu viel?
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Helden wie wir
Bernie Webber (Chris Pine) ist ein pflichtbewusstes Mitglied der US-Küstenwache. Doch seit eine missglückte Rettungsaktion zum Tod eines einheimischen Fischers führte, plagen ihn schwere Selbstzweifel. Im Jahr 1952 wird Webber schließlich vor eine Aufgabe gestellt, aus der er entweder als Held, oder als toter Mann hervorgehen könnte - oder als beides. Denn ein Jahrhundertsturm hat nicht nur einen, sondern gleich zwei Öltanker regelrecht in der Mitte zerrissen, den überlebenden Besatzungsmitgliedern beider Schiffe droht ein grausames Ende.
Von seinem neuen Kommandanten Daniel Cluff (Eric Bana) bekommt Webber daher die kontroverse Aufgabe, sein Leben und das seiner Crewmitglieder zu riskieren, um das der Verunglückten zu retten - entgegen jeder Vernunft und entgegen fast jeglicher Chance auf Erfolg.
Es funktioniert immer
Die Rettungsaktion in einem viel zu kleinen Boot bei viel zu großen Wellen: Derartiger Stoff, aus dem Helden sind, verfehlt fast nie seine Wirkung. Beim Kampf "Mensch gegen Natur" drückt man natürlich den tapferen Recken die Daumen, vor allem, wenn sie von Schauspielern wie Chris Pine oder Ben Foster so verdammt sympathisch dargestellt werden. Der vergleichbare Film "The Guardian" von 2006 war in dieser Hinsicht vielleicht zu kitschig, "The Finest Hours" bekommt aber die Kurve und erinnert stark an George Clooneys "Der Sturm".
Ganz schön weit hergeholt
Warum einem die Verantwortlichen sofort darüber informieren, dass es sich bei "The Finest Hours" um eine "wahre Begebenheit" handelt, wird auch schnell klar. Denn hin und wieder schreibt das Leben die unglaublichsten Drehbücher. Etwa, dass es die hoffnungslos überforderte Crew des Rettungsschiffs gleich mit zwei sinkenden Tankern zu tun bekommt. Reiner Fiktion hätte man spätestens da Effekthascherei vorgeworfen - reicht eine Katastrophe den gierigen Drehbuchautoren etwa nicht?
Selbstredend wird auf Kosten der echten Geschehnisse fleißig hinzugedichtet. Das verzeiht man "The Finest Hours" aber äußerst wohlwollend, werden einem die Charaktere so doch erst richtig ans Herz gelegt und deren Schicksal emotionaler Tiefgang verliehen. Wie sich der Todeskampf der Matrosen in "Der Sturm" genau zutrug, wusste auch niemand - gestört hat Hollywoods Interpretation darüber aber nur dann, wenn man sich zu sehr auf der Begrifflichkeit der "wahren Begebenheiten" aufhing.
Optisch ist "The Finest Hours" (nicht zuletzt dank des potenten Disney-Studios dahinter) das erwartete Brett geworden. Wenn die Wellen über und die Schiffe um die bemitleidenswerten Seeleute brechen, bekommt man selbst im knochentrockenen Kinositz Angst vor dem Ertrinken. Hat man dann wie wohl die meisten Kinogänger den Ausgang der wahren Katastrophe nicht im Kopf, ist Spannung bis zum Ende programmiert.
Fazit
"The Finest Hours" ist ein Katastrophenfilm alter Schule, der aber nicht altbacken wirkt. Natürlich hat die wahre Geschichte über nicht ein, sondern gleich zwei Tankerunglücke den Hollywood-typischen Pathos spendiert bekommen. Wer aber eine "Mensch gegen Natur"-Geschichte wie "Der Sturm" mochte, der wird auch an Disneys "The Finest Hours" Gefallen finden.
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