"The Disaster Artist": Vision und Versagen

"The Disaster Artist" ist ein großartiger Film über den Macher des schlechsten Films aller Zeiten. Die AZ-Kinokritik.
Margret Köhler |
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Halb Rocker, halb Vampir: James Franco als Tommy Wiseau, der durch sagenhaft schlechte Filme zur Kultfigur wurde.
Warner/Justina Mintz Halb Rocker, halb Vampir: James Franco als Tommy Wiseau, der durch sagenhaft schlechte Filme zur Kultfigur wurde.

Eine Karriere in Hollywood, als Star auf dem Roten Teppich im Scheinwerferlicht umjubelt: der ultimative amerikanische Traum für viele. Seinen Traum verfolgt auch Tommy Wiseau, der 1998 aus der Provinz nach Tinseltown kommt und fünf Jahre später "The Room" realisiert, als Produzent, Autor, Hauptdarsteller und Regisseur, böse "The Citizen Kane of Bad Movies" genannt.

Mit seinem schüchternen Freund Greg Sestero (James Francos jüngerer Bruder Dave) von der Schauspielschule macht er sich auf, die Filmwelt zu erobern. Schon beim Vorsprechen fällt er mit seinem Nuscheln durch, was ihn aber nicht hindert, ein Filmteam zusammenzustellen und lausige Schauspieler zu engagieren, vor allem aber, die anderen mit Selbstüberschätzung und Allüren zu nerven.

Die Komödie "The Disaster Artist" mit tragischem Unterton und einer vollen Dosis Absurdität basiert auf Sesteros und Tom Bissells Bestseller über die Dreharbeiten zu "The Room", die an Dilettantismus kaum zu übertreffen sind, inklusive wirrem Plot, grausiger und oft stotternder Dialoge und vielen Anschlussfehlern.

Nur 200 Zuschauer bei der Premiere

James Franco führt Regie und spielt den langhaarigen Egomanen in schwarzer Montur zwischen Vampir und Rocker mit Hingabe, mimt ihn lustvoll als durchgeknallten Möchtegern-Künstler, ohne sich über ihn lustig zu machen, auch wenn manche Szenen zum Schreien komisch sind.

Vor allem die anatomischen Verrenkungen beim Sex sorgten bei der Premiere mit nur 200 Zuschauern für Gegröle und Lacher. Heute gilt das krude Werk, das beim Kinostart nur mickrige 2.000 Dollar einspielte, als Kult-Klassiker, bei dem die Fangemeinde schon beim Vorspann ausrastet, und Wiseau, der weder Alter, Herkunft oder Geldquellen preisgab, als Mysterium.

Diese geniale und rundum gelungene Geschichte über einen Naivling auf der Jagd nach Ruhm, Filmemachen und Freundschaft, Vision und Versagen ist der beste Film des noch jungen Jahres über den schlechtesten Film aller Zeiten und eine Hommage an den immer noch optimistischen Macher: "The American Dream is alive. And it‘s real". Das wollte Wiseau eigentlich bei der Golden Globe-Verleihung sagen, als ihn James Franco, ausgezeichnet als Bester Hauptdarsteller, auf die Bühne holte. Der ließ ihn aber nicht zu Wort kommen, also twitterte Wiseau sein ermunterndes Statement wenig später.

Für Franco, wegen seiner grandiosen Performance als heißer Oscar-Kandidat gehandelt, zerschellte der Traum vom Goldmännchen wegen der Vorwürfe sexueller Belästigung. Ein Desaster für den grandiosen "Disaster Artist".


Kinos: Cinema, Museum-Lichtspiele (beide OV), Leopold, Monopol (auch OmU) R: James Franco (USA, 104 Min.)

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