Steven Soderbergh: Die vergoldete Kunst der Verführung
Würde man die These, dass alles auf Sex und Geld basiert, weiter verdichten, käme man zum Ur-Stoff Geld. Denn Geld macht sexy, und man kann sich Sex kaufen.
Protzreichtum bezirzt Provinzbuben
In „Liberace“ will Michael Douglas Matt Damon ins Bett kriegen. Der Edel-trash-Mann von Welt verführt den hübschen Provinzbuben mit seinem Protzreichtum, als wäre Ludwig II. mit seinen Lustknaben in einen neureichen Versace-Graceland-Geldtopf gefallen, alles gemischt mit Libertinage, Tabletten und Drogen.
Hollywood sagte: "zu schwul!"?
Hollywoodkritiker Steven Soderbergh hatte für den Film über den Entertainer Liberace, einen italo-stämmigen Aufsteiger und internationalen Las-Vegas-Show-Abräumer, mit Glitzeranzügen und potenziertem Clayderman-Kitschkandelaber auf seinem Flügel, keinen Filmproduzenten oder Verleih gefunden – trotz Superstars. Nur dem TV-Sender HBO war die Sache nicht „zu schwul“.
Wenn Sex herrscht
Als dann alle in Cannes den fertigen Film bejubelten, trat er seinen Triumphzug im europäischen Kino an. Denn in allem Einlull-Pomp werden hier ernste Sachen verhandelt: die Blend-Macht des Geldes, die Grausamkeit des Abgelegt-Werdens, wenn Sex herrscht und nicht Liebe, doch aber auch Freundschaft oder die Heuchelei der Gesellschaft, die sich an der extrovertierten Exzentrik ihres Lieblingsstars delektierte, aber die reinknallende Homosexualität dabei leugnend übersah. Alter, Tod, Narzissmus und die Versklavung durch die eigene Fassade werden thematisiert – all das mit Witz, Selbstironie und charmanter Eleganz.
Eiseskälte hinter Bonbon-Farben
Aber hinter den Bonbon-Farben steckt auch Eiseskälte. Und vielleicht lässt sich das alles – bei aller Allgemeingültigkeit – in homosexuellen Liebes-Beziehungen noch verdichteter verhandeln. Liberaces Kunst ist, dass alles Fassade ist, aber die ist echt. Auch das ist ein wunderbarer Reibungspunkt für uns und unsere Gesellschaft. Dass der Film eigentlich ein TV-Film ist, merkt man ihm nur an den überwiegenden Nahaufnahmen an.
Kino: Astor Lounge, Leopold, Mathäser, Neues Arena, Solln, Atelier (auch OmU), Arri (OmU) sowie Cinema und Museum Lichtspiele (OV)
R: Steven. Soderbergh (USA, 118 Min)