Spannungsfeld Eichinger

Eine Ausstellung im Kunstfoyer zeigt den 2011 verstorbenen Bernd Eichinger als agilen und atmenden Widerspruch, den seine Leidenschaft fürs Kino am Arbeiten, Laufen, Leben, Lieben hielt
Christoph Gröner |
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Kurz vor dem Presserundgang wurden sie in einer Vitrine aufgestellt, die beigen, fast weißen Turnschuhe, mit denen Bernd Eichinger seine großen Spuren in der Filmlandschaft hinterließ. Man kann die Diskussion der Kuratoren kaum überhören: Kann man das machen, diese alten Treter direkt vor dem Filmplakat von „Schuh des Manitu“ aufstellen?

Klar kann man. In Bernd Eichingers Intellekt und Statur ging immer E und U zusammen, was ihn zu einem lebenden Spannungsfeld der Filmkultur machte. Er drehte in den 1970er Jahren Autorenfilme mit Reitz, mit Kluge, mit Syberberg. Später jagte er einem noch größeren Traum von weltweiten Erfolgen aus Deutschland nach. Er produzierte „Ballermann 6“ und „Baader-Meinhof-Komplex“ – große Themen und breite Unterhaltung. Für ihn war „...Alles Kino“. Ein passender Titel der Ausstellung über Eichinger, der zuerst Kreativer und nicht Zahlenmensch war.

Er riskierte bei mehr als 100 Produktionen finanziell alles, nahm Kritik persönlich und suchte bis zuletzt Anerkennung. Man kann das an der Dankesrede beim Deutschen Filmpreis 2010 sehen. Da brach die Stimme, die sonst so bestimmt war. Dokumente dieses Wahnsinnslebens hinterließ Eichinger en masse: Da ist ein Brief des Likörfabrikanten Eckes, der die Constantin 1978 erwarb und den Eichinger überzeugte, ihm 25 Prozent der Anteile abzutreten. Eckes hatte Bedenken, kritisierte Eichingers Weltanschauung, weil der Fassbinder lobte. Aber der Produzent setzte sich durch, wie so oft im letzten Moment.

Er vermarktete sich als Outsider, wollte Comics verfilmen, als keiner danach krähte. 1995 dreht er sogar einen Pseudofilm für eine Million Dollar, um die Filmrechte an Marvels Fantastic Four weiter zu halten. Auch das Trash-Plakat dazu ist im Kunstfoyer zu sehen, wo die Ausstellung der Deutschen Kinemathek nach ihrer Premiere in Berlin nun in größeren Räumlichkeiten zu sehen ist. Vier Themenfelder sind hier umrissen: Deutschland, Helden, Amerika und Außenseiter. Eine reichhaltige Erfahrung und doch nur kaum zwei Prozent des Nachlasses Eichingers, der die Filmhistoriker und das Publikum noch lange beschäftigen wird.

Kunstfoyer der Versicherungskammer Bayern, täglich 9 bis 19 Uhr, feiertags geschlossen, bis 2. 2. 2014, Eintritt frei

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