So originell wie Malen nach Zahlen

Klamauk trifft in "Die Hollars - Eine Wahnsinnsfamilie" auf rührendes Drama: Regisseur Krasinski enttäuscht mit seiner Familiendramödie, die nichts Neues bieten kann.
von  Timea Sternkopf
Ron (Sharlto Copley) und John Hollar (John Krasinski, rechts) stehen ihrem Vater Don (Richard Jenkins, links) zur Seite.
Ron (Sharlto Copley) und John Hollar (John Krasinski, rechts) stehen ihrem Vater Don (Richard Jenkins, links) zur Seite. © 2016 Sony Pictures Releasing GmbH
"Die Hollars - Eine Wahnsinnsfamilie", soll das Publikum wohl zufrieden seufzen, wenn es aus dem Kino kommt. Eine Familie, die man lieben, mit der man lachen und leiden kann - oder eben nicht. Regisseur
und Hauptdarsteller John Krasinski demonstriert mit seinem neuen Film nämlich recht eindrucksvoll, wie man selbst mit den besten Zutaten ein mageres Endprodukt schaffen kann. Die Familiendramödie erzählt eine charmante und leider völlig belanglose Geschichte, die es so schon tausendfach auf der Leinwand zu sehen gab. John Hollar (Krasinski), erfolgloser Comiczeichner, erfährt eines Tages in seinem Büro in New York, dass seine Mutter
Sally (Margo Martindale) an einem Hirntumor erkrankt ist. Johns schwangere Freundin Rebecca ( Anna Kendrick
) ist samt gepackten Koffer und Flugticket die Überbringerin der Nachricht. John kehrt von der Großstadt in die provinzielle Heimatstadt zurück, wo er von seinem Taugenichts-Bruder Ron (Sharlto Copley) und seinem kurz vor dem Bankrott stehenden Vater Don (Richard Jenkins) empfangen wird. Wie zu erwarten, wird John in seiner Heimatstadt von seiner Highschool-Zeit eingeholt - in Form seiner einstigen Flamme Gwen ( Mary Elizabeth Winstead) und deren eifersüchtigen Ehemann Jason (Charlie Day). Mit "Die Hollars" verhält es sich ein wenig wie mit "Malen nach Zahlen": Das Bild am Ende kann recht ansehnlich ausfallen, doch mit Kreativität
oder Originalität hat das Werk wenig zu tun. Das liegt nicht ausschließlich an dem langweiligen Drehbuch
, das Autor James C. Strouse mit allerlei Stereotypen zupflasterte. John Krasinski inszeniert, als hätte er einen Kurs an der Volkshochschule über das Filmemachen besucht. Er platziert Lacher und Musik just immer an der vermeintlich richtigen Stelle. Also genau da, wo man es erwartet. Die Vorhersehbarkeit der Story und die musikalische Untermalung mit sanften Indie-Folk-Tönen schmerzt spätestens nach der fünften perfekt platzierten Songeinlage. Krasinski gibt sich Mühe, Drama und Komödie zu vereinen, doch so recht mag das nicht gelingen. Stellenweise wirken die überzogenen Figuren und Situationen schon sitcomartig. Johns Bruder Ron, der eine überspitzte Version des Kleinstadt-Losers verkörpert, stellt seiner Ex-Frau nach, indem er mit Fernrohr ausgestattet vor ihrem Haus parkt. Als der neue Mann an ihrer Seite, Pastor Dan (Josh Groban), ihn zur Rede stellen will, lehnt Ron seinen Sitz nach hinten und "verschwindet" aus seinem Sichtfeld. Ron ist auch derjenige, der in eine Küchenschüssel pinkelt, als die Toilette zu Hause besetzt ist. Und es ist Ron, der Sallys behandelnden Arzt Dr. Fong mit angedeuteten Karatebewegungen nach seiner Lieblingskampfsportart fragt. Asiate - Chinese - Karate: eine logische Abfolge in Rons begrenzter Weltsicht. Wäre das eine neue Komödie der Farrelly-Brüder ("Dumm und Dümmer", "Verrückt nach Mary"), könnte man den Mangel an Intelligenz angesichts den platten Humors verzeihen. Kann man hier aber nicht, dafür verschwenden in "The Hollars" einfach zu viele sympathische Darsteller ihr Talent. So nimmt man es Krasinski zunehmend übel, dass er die authentische, lebensnahe Atmosphäre immer wieder ins Klamaukige zieht, um dann wieder auf die Tränendrüse zu drücken. "Die Hollars" plätschert vor sich hin, ohne nennenswerte Höhepunkte. Als zum Schluss eine Hochzeit, eine Beerdigung und eine Geburt im Minutentakt aufeinanderfolgt, bedankt man sich innerlich bei Krasinski, dass er sich mit einer Spielfilmlänge von knapp 90 Minuten zufriedengab.
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