"Rock My Heart": Mit Herzklopfen

Mehr als ein Pferdefilm für Teenie-Mädchen: „Rock My Heart“ mit Dieter Hallervordenund Lena Klenke ist ein berührender, spannender Familienfilm.
von  Adrian Prechtel
Spannendes Team mit Geheimnissen: Dieter Hallervorden als Paul und Lena Klenke als Jana.
Spannendes Team mit Geheimnissen: Dieter Hallervorden als Paul und Lena Klenke als Jana. © Wild Bunch

Mehr als ein Pferdefilm für Teenie-Mädchen: "Rock My Heart“ mit Dieter Hallervordenund Lena Klenke ist ein berührender, spannender Familienfilm.

Der zu Tode zitierte Pferdefreunde-Spruch vom Glück dieser Erde, das auf dem Rücken der Pferde liegen soll, ist Basis für ein ganzes Genre: den Teenager-Mädchen-Film für die Phase, wenn die größeren Jungs noch zu unheimlich sind, aber schon pubertärer Freiheits- und Abenteuerdrang erwacht ist. Da ist das Pferd die Projektionsfläche für alle Sehnsüchte.

Hanno Olderdissens "Rock My Heart“ bedient das alles, aber geht mit psychologischer Tiefe, echter Tragik und vor allem kitschfrei weit darüber hinaus. Das beginnt mit Jana, selbstbewusst-herb gespielt von Lena Klenke ("Fack ju Göhte“) , die nicht rebellisch ist aus Pubertätstrotz, sondern aus der Härte ihrer Lebenssituation: Jeder Herzschlag könnte aufgrund einer Herzschwäche der Letzte sein.

Dieter Hallervorden spielt mit schillernder Vielschichtigkeit

Gegengeschnitten wird ihre Geschichte mit der von Paul, einem Rennpferdetrainer, der sich verzockt hat und nach einer Reihe von Niederlagen vor dem Zwangsverkauf seines Pfedehofs steht.

Dieter Hallervorden gibt ihm als Charakterdarsteller eine großartig schillernde Vielschichtigkeit: kauzig herrisch, egoistisch einsam, verletzt, sogar etwas zwielichtig. Auch sieht er seinen jungen Hengst Rock My Heart ganz pragmatisch als Nutztier, das ihm zu neuen Siegen verhelfen soll. Aber dieser Paul ist auch einfühlsam und gewitzt hinter seiner trockenen Fassade.

Lena und Paul werden ein Team, ohne dass sie alle Motive des jeweils anderen durchschauen. Es ist überhaupt perfekt, dass der Zuschauer – wie bei Hitchcock – der Geschichte gebannt folgt, gerade weil er immer etwas mehr weiß oder ahnt als die Figuren selbst.

Neben Teeniefilm auch ein gelungenes Familienporträt von heute

Schritt für Schritt blickt man auch genauer auf das Innenleben aller. Reaktionen und Fehler erklären sich wunderbar menschlich – bis in Nebenfiguren hinein: So wenn die Mutter (Annette Frier) aus verzweifelter Sorge ihre kranke Tochter täuscht. Auch ist ihre Ehe durch die Frage nach dem richtigen Umgang mit der halberwachsenen Tochter unter Spannung. Gleichzeitig sind die Eltern so lebendig modern, liberal und offen gezeichnet, dass dieser Film auch ein gelungenes Familienporträt von heute ist – inklusive erster, tragischer Liebe der Tochter (gespielt von Emilio Sakraya, der seinen "Bibi und Tina“-Rollen stark entwachsen ist).

Und wenn am Ende alles auf das große Pferderennen zuläuft, von dem die Zukunft aller abhängt, liefert "Rock My Heart“ große Showdown-Spannung, aber eben kein allzu klassisches Happy End. Dennoch hat der Film durchaus auch Witz und geistreiche Dialoge, die angenehm auf den angeblich üblichen Coolness-Slang von 17-Jährigen verzichten.

Und was ist mit semi-erotischer Pferderomantik? Auch die gibt es – neben Landschafts- und sogar Industrieromantik. Aber "Rock My Heart“ beherrscht die Kunst der großen Gefühle sogar besser als Hollywood. Denn die verschiedenen Lebensrettungsgeschichten (vom Pferdehof bis zu Lenas drohender Herzoperation) sind hier um einiges ehrlicher und echter erzählt, als man es bei einem Familienfilm erwartet.

So wird das Sentimentale nicht nur erträglich, sondern sogar ins Wunderbare gezogen.


Kino: Mathäser

Buch & Regie: Hanno Olderdissen (D, 110 Min.)

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