„Pompeii“ in 3D von Paul W.S. Anderson in der AZ-Kritik

Bombast, Bimsstein, Kampf und Kitsch: „Pompeii“ in 3D von Paul W.S. Anderson ist psychologisch platt mit peinlichen Dialogen, enthält aber auch einige Überraschungen
von  Adrian Prechtel

Muss man Paul W.S. Anderson im Gegensatz zu seinen Regie-Namensvettern – Paul Anderson, von dem moderne Klassiker wie „Magnolia“ stammen und Wes Anderson, von dem nächste Woche „Grand Budapest Hotel ins Kino kommt – ernst nehmen? Ja, denn immerhin hat er mit mehreren Folgen seiner Action-Verfilmung von „Resident Evil“ Millionenerfolge eingespielt. Das Problem ist nur: Überlässt man dem Briten psychologisch kompliziertere Geschichten, geht es oft schief, zuletzt beim Versuch, „Die drei Musketiere“ neu zu erzählen.

Jetzt ist der Untergang Pompeiis im Jahr 79 nach Jesus Christus dran – in 3D. Man kennt Toga- und Sandalen-Schinken zu den letzten Tagen dieser Stadt, auf die Naturgewalten wie eine göttliche Strafe für all die Dekadenz hinab donnerten. Anderson beteiligt sich an dieser Sichtweise nicht. Denn hier ist die reiche Provinzstadt ein Tugendherd im Gegensatz zur brutal-korrupten Reichshauptstadt Rom mit Titus an der Spitze.

Ich hol schon mal die Pferde

Politisch-historisch herrscht keine Korrektheit. In „Pompeii“ wird gesprochen wie in einem US-Gang-Film. Mit „Bruder“ reden sich die Gladiatoren an. Erst kämpfen sie gegeneinander ums Leben, dann werden sie im Überlebenskampf Blutsbrüder, multiethnisch schwarz und keltisch. Der Kelte (Kit Harington) hat als Kind die Abschlachtung seines Stammes auf den britischen Inseln erleben müssen, wurde versklavt und zum Spitzen-Gladiator hochtrainiert. Weil er aber auch ein sensibler Pferdeflüsterer ist, gewinnt der muskulöse Barbarenheld das Herz einer reinen Römertochter (Emily Browning). Dieses Liebesdrama ist unfassbar vorhersehbar und kitschig, endet aber sogar mit einem Genre-Bruch. Auch die Nebenfiguren sind flache Karikaturen, wie die hübsche, treue Haussklavin (Jessica Lucas) oder der böse Senator aus Rom (Kiefer Sutherland).

Dennoch ist „Pompeii“ auch für Überraschungen gut, wenn man mit den Augenzeugenberichten von Plinius und von der Pompeii-Ausstellung der Hypo-Kunsthalle gestärkt ins Kino geht: Bis auf die Flutwelle ist die Katastrophe wahrhaft plastisch (in 3D) eingefangen: vom Asche- und Bimssteinregen über die vergeblichen Fluchtversuche über den Hafen, weil sich das Meer zurückzog, bis hin zu neueren Erkenntnissen, dass es vor allem heiße Gaswolken waren, die rasend die Hänge des explodierten Berges hinab jagten und so Leben blitzartig vernichteten.

So wirkt der Film zwar inhaltlich und durch die Dialoge („Meine Eltern sind tot. Ich hole schon mal die Pferde“) wie eine unfreiwillige Parodie, alles ist psychologisch extrem einfach gestrickt. Aber selten hat man Römerstädte und Villen so plastisch erlebt.

Und wer das Ende im Kino überlebt hat, weiß, dass es nach dieser Verwüstung keine Fortsetzung geben kann.

Kino: Cinemaxx, Mathäser, R: Paul W.S. Anderson (GB, D, 102 Min)

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