Platt, enttäuschend, peinlich: So schlecht ist "BFG - Big Friendly Giant"

Steven Spielbergs neuer Fantasy-Familienfilm „BFG – Big Friendly Giant“ ist eine Enttäuschung. Das hat der AZ-Kritiker an der Riesen-Geschichte auszusetzen.
von  Adrian Prechtel
Ruby Barnhill als Mädchen, das dem freundlichen BFG (dem computeranimierten Mark Rylance) aus London in seine Traumwelt folgt.
Ruby Barnhill als Mädchen, das dem freundlichen BFG (dem computeranimierten Mark Rylance) aus London in seine Traumwelt folgt. © Constantin Film

Steven Spielbergs neuer Fantasy-Familienfilm „BFG – Big Friendly Giant“ ist eine Enttäuschung. Das hat der AZ-Kritiker an der Riesen-Geschichte auszusetzen.

Waisenkind und Traumwelt: Da steckt viel filmisches und emotionales Potenzial drin. Die letztjährige „Peter Pan“-Verfilmung zum Beispiel hat das genutzt, indem Peter sich aus der harten Realität zu Captain Hook und ins Nimmerland wegfantasiert. Charles Dickens ist da mit seinem berühmten Londoner Waisenjungen „Oliver Twist“ schon realitätsnäher und schonungsloser umgegangen.

Der oft bizarr und sarkastisch erzählende Brite Roald Dahl hat in seinem Spätwerk mit dem unfassbar spießigen deutschen Titel „Sophiechen und der Riese“ eine süßlichere Sicht entworfen, die Steven Spielberg in seiner Verfilmung unter dem Originaltitel „BFG“ beibehält. Modern ist ein Mädchen die Abenteurerin. Nur die Geisterstunde wurde auf 3 Uhr nachts nach hinten geschoben, weil im mitternächtlichen swinging London noch viel zu viel los wäre, als dass da heimlich ein Riese durch die Straßen schleichen könnten.

Die Geschichte stammt aus dem Kalten Krieg

Ihm schließt sich Sophie an und entdeckt seine Traum-Flaconsammlung. Diese setzt der Big Friendly Giant – als Riesen-Sandmännchen – ein, um Kindern gute Nächte zu verschaffen. Schlechte Träume werden als böse Flaschengeister verwahrt. Und weil der gute Riese einfach zu sanft ist, wird er von seinen noch viel viel größeren und barbarischen Riesenkollegen fertig gemacht – womit eine doppelte Kindererfahrungs-Identifikation möglich wird: mit dem tapferen Mädchen und dem brutal gemobbten Klein-Riesen, der sich irgendwie in dieser feindlichen Umwelt behaupten muss.

Lesen Sie hier das AZ-Interview mit Regisseur Steven Spielberg

Gegen Ende bietet sich sogar englische Queen höchstpersönlich als Mitstreiterin im Kampf gegen das Reich der Bösen an. Wenn am Ende völlig märchenfremd echte Kampfflugzeuge starten, fällt einem ein, dass 1982, als Dahl seine Geschichte schrieb, der Kalte Krieg einen Höhepunkt hatte. So ist hier sicher auch ein traumatisches Politklima eingeflossen.

Schwarzer britischer Humor? Langeweile und Peinlichkeiten!

Aber Spielbergs „Big Friendly Giant“ ist eine krasse Enttäuschung: Der als „neuer E.T.“ erwartete Spielberg-Film hat statt des familientauglichen, trennungstraumatisierten Außerirdischen jetzt einen psychologisch peinlich flachen Riesen (digital hochgerechnet gespielt von Mark Rylance) in einer kulissenhaften Welt. Und aus dem Jungen-Freundschafts-Abenteuer ist eine moderne Mädchen-Monster-Beziehung geworden, allerdings mit einer völlig blassen Sophie-Darstellerin Ruby Barnhill, deren Harry-Potter-Brille der Figur auch keine größere Intelligenz verleiht. Nie verscheucht ein belebender Hauch schwarzen britischen Humors die Biederkeit dieses Familienfilms.

„God save the Queen“: Penelope Wilton kurz vor einem Pups-Drink! Foto: Constantin Film

Erschreckend ist auch wie dramaturgisch ideenlos Schauplätze gewechselt werden: In ein paar Riesenschritten ist man aus dem urbanen London in der fernen, schottisch-bergigen Naturwelt. Und in ein paar Riesenschritten zurückschaut man mit Verbeugung gleich durchs Schlafzimmerfenster der Queen. Aber allen diesen Orten fehlt jegliche Magie, also Atmosphäre: London ist puppenstubenhaft, die Bergwelt öd und das königliche Schloss witzlos. Wenn also am Ende wirklich englische Queen ins Spiel kommt, merkt man, dass die US-Produktionsfirma halt doch kein Gespür hatte für Charme oder Noblesse: Die Butler sind Knallchargen, die Corgies handlungslos süß. Und wenn nach grünem Gastgeschenks-Gebräu alle – auch die Königin – grünnebelige Furzblähungen plagen, ist man „not amused“, weil es nur platt und peinlich ist. Eine vertane Riesen-Chance.


R: Steven Spielberg (US, 117 Min.)

Kino: Royal, Münchner Freiheit, Cinemaxx (auch 3D), Mathäser (auch OV), Cinema (3D/OV), Museum (OV)

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