"Ocean's 8": Falsch verstandener Feminismus

Eine sehr männliche Idee von Feminismus geht so: Acht attraktive Frauen zwischen Mitte Dreißig und Mitte Fünfzig gehen auf einen Raubzug, schaffen ganz ohne Gewalt, allein mit Charme und Intelligenz, alle Hindernisse aus dem Weg und teilen sich am Ende die fette Beute. Die Schönheitsmakel, die das Alter ihnen bereits verpasst hat, werden mit vielen Schichten Make-Up und der ein oder anderen Operation mehr oder weniger geschickt kaschiert. Und natürlich findet dieser Raubzug nicht in der von Männern beherrschten Unterwelt statt, sondern auf der jährlich stattfindenden Met-Gala in New York, wo alles so schön glitzert.
Diese Idee wollten der Regisseur Gary Ross, die Produzenten und die tatsächlich auch beteiligten Produzentinnen von "Ocean’s Eight" in eine Goldgrube verwandeln. Für die Umsetzung waren die größten weiblichen Stars gerade gut genug: Sandra Bullock, Cate Blanchett und Anne Hathaway zu besetzen ist konsequent, wenn man das Erfolgsrezept von Steven Soderberghs männlichen Vorgängergeschichten ("Ocean’s Eleven", "Ocean’s Twelve" und "Ocean’s 13") mit George Clooney und Brad Pitt in den Hauptrollen eins zu eins übersetzen möchte.
Ocean's 8: Enormer Erfolg in den USA
Was den Umsatz betrifft, ist die Rechnung aufgegangen: An den amerikanischen Kinokassen hat die Gaunerkomödie gleich zu Beginn mehr Geld eingespielt als die drei Vorgänger. Ein befriedigendes Kinoerlebnis schafft der Film trotzdem nicht. Zu vorhersehbar, plump und ohne nennenswerte Wendungen plätschert die Geschichte dahin, die meisten Gags sind an den (auftoupierten) Haaren herbeigezogen. Sandra Bullock ist eben nur die kleine Schwester des großen Gauners Danny Ocean.
Dass sie in den Jahren, die sie im Gefängnis saß, akribisch ihren Beutezug planen konnte, zahlt sich nach ihrer Entlassung aus. Schritt für Schritt handelt das schale Drehbuch ab, wie sie gemeinsam mit den sieben anderen Frauen, darunter Helena Bonham-Carter als exzentrische Modedesignerin und Sängerin Rihanna als Hackerin, an die Cartier-Klunker kommt, die auf dem Ball am Hals des It-Girls Daphne Kluger (Anne Hathaway) hängen.
Fehlende Glaubwürdigkeit ist nicht das Problem, das Genre setzt ja voraus, dass sich der Zuschauer oder die Zuschauerin auf die irrwitzigen Ereignisse einlässt. Aber es ist eben doch ein zutiefst männliches Genre und der Plan, dieses eins zu eins für ein weibliches Publikum zu übersetzen, geht nicht auf. Es ist nicht sehr schmeichelhaft für Frauen, wenn sie lediglich die Schandtaten ihrer männlichen Vorbilder nachahmen dürfen, dabei aber immer gut aussehen und ein Frauenbild bedienen müssen, wie es die MeToo-Debatte und der Diskurs über Frauen in der Filmbranche ja gerade abzuschaffen versuchen.
Wenn erfolgreiche Filmemacherinnen in Cannes sich gegen die High-Heels-Pflicht auf dem roten Teppich zur Wehr setzen, scheint es zu kurz gedacht, Frauen in High Heels und Kleidchen zu stecken und sie nach einem Collier lechzen zu lassen. Das ist kein Zugeständnis an die Frauen, das ist eine Beleidigung. Und damit ein weiteres sexistisches Werk von überwiegend männlichen Machern.
Kino: Sendlinger Tor, Mathäser, Cinemaxx, Gabriel, Gloria sowie Monopol, City, Leopold (OmU) und Cinema (OV) R: Gary Ross (USA, 111 Min.)
Verlosung: Wir verlosen zwei Pakete mit je 1 Tasche, einem T-Shirt und 2 Kinokarten. Wer gewinnen will, schreibt bis Samstag eine Mail an kultur@az-muenchen.de "Ocean’s 8". Ihre personenbezogenen Daten werden ausschließlich für die Abwicklung dieses Gewinnspiels verwendet und nicht an Dritte weitergegeben.
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