Neues vom "Wolfpack": Rührender Sadismus
Stu (Ed Helms) ist entsetzt. Er hatte einen Filmriss, schon wieder, und macht sich am nächsten Morgen in rosa Damenunterwäsche vor seinen verkaterten Kumpels lächerlich. Immerhin fehlen ihm diesmal keine Zähne, auch von einem Gesichtstattoo wurde er verschont. Als Stu aber an seinem nackten Körper herunterblickt, muss er schreien. In der letzten Nacht hatte er wohl einen Termin beim Schönheits-Chirurgen...
Wer jetzt wissen möchte, wie sich die Geschichte wirklich abgespielt hat, liegt bei der „Hangover”-Reihe im Prinzip goldrichtig. Nur verweigert sich Regisseur Todd Phillips im dritten und mutmaßlich letzten Teil der Brachial-Comedy seiner Erfolgsformel. Stus Guten-Morgen-Schocker findet nur im gewohnt-gewitzten Abspann statt und bleibt ein augenzwinkernder „Was wäre wenn?”-Abschlussgag.
Im Tonfall und auch in der Erzählweise schlägt Phillips – auch als Reaktion auf die schlechten Kritiken, die seine ideenlose Vulgär-Fortsetzung bekam – einen völlig neuen Weg ein. Das böse Erwachen nach dem Suff fällt aus und damit auch das bittere Aufdecken der Horrornacht-Ereignisse. Auch vom böse unmoralischen Anarcho-Charme des Originals muss man sich bis auf wenige Ausnahmen wie eine arme Giraffe, die bereits im Trailer ein wenig kopflos wirkt, verabschieden.
Was bleibt, ist ein Finale mit mehr Actionelementen, echten Toten und auch einigen unerwartet ruhigen Momenten, die den Männer-Freundschaftsgedanken noch einmal aufgreifen und Alans (Zach Galifianakis) Weg vom Chaos-Kind zum Erwachsenen nachzeichnen.
Dieser Wahnsinnige, dessen Gesicht scheinbar nur aus Bart besteht, ist diesmal im Zentrum des Wolfsrudels, Macho Phil (Bradley Cooper) und Zahnarzt Stu bleiben blasse Randfiguren. Alan soll, nachdem sein Vater gestorben ist, in eine Nervenheilanstalt abgeschoben werden. Beim gemeinsamen Road-Trip prescht aber der Gangster Marshall (John Goodman) dazwischen. Er will mit Alans Hilfe den ewigen Unruhestifter Mr. Chow (Ken Jeong), genau wie Alan ein überdrehtes Kind im Manne, aufspüren, und ihm ist dabei jedes Mittel recht.
Bei dieser Suche trifft das „Wolfpack” auf alte Gefährten und bekannte Suff-Schauplätze, um wenigstens die Hardcore-„Hangover”-Fans zufriedenzustellen. Dabei erreichen die Remineszensen jedoch niemals die vergnügliche Frische des Originals.
Immerhin darf Alan endlich zu sich selbst finden: Wenn sich Galifianakis und Comedy-Star Melissa McCarthy in einem starken Gastauftritt plötzlich den Lolli teilen, als wären sie Susi und Strolch, gelingt Phillips ein herrlich anrührender Moment, der den Sadismus der Serie endgültig hinter sich lässt.
Kino: Cadillac, Cincinnati, CinemaxX, Leopold, Mathäser (auch OV), Münchner Freiheit, Royal, Cinema (OV), Lichtspiele
R: Todd Phillips (USA, 100 Min.)
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