Neuer Film mit George Clooney: Sanfte Erotik im All

Meisterhaft: George Clooney und Sandra Bullock kämpfen im Venedig-Eröffnungsfilm „Gravity“ im Weltraum ums nackte Überleben
Adrian Prechtel |
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Meisterhaft: George Clooney und Sandra Bullock kämpfen im Venedig-Eröffnungsfilm „Gravity“ im Weltraum ums nackte Überleben.

Zu Beginn hysterisches Kaffeesatzlesen: Weil George Clooney cool mit Sonnenbrille selbst das Motorboot zum Lido steuerte, keine Frau dabei hatte, sondern Rande Gerber, den Gatten von Cindy Crawford, blieb als Diskussion nur das T-Shirt: Casamigos Tequila stand darauf – und verweist auf eine Hausmarke, eben von Freunden destilliert: Clooneys Spezln Gerber und Stefano Accorsi.

Die italienischen Zeitungen haben ihn schon zum Mann ohne Patina erklärt, weil er zwar älter werde, aber eben immer gleich schön bleibe. Und weil die anderen erwarteten Stars eben „Babystars“ seien – wie Daniel Radcliffe oder Zac Efron – huldigt man Clooney als echtem Mann, der „inossidabile“ ist: unoxidierbar, was eine originelle Anspielung auf den atemberaubenden Eröffnungsfilm „Gravity“ ist, in dem Sandra Bullock und Clooney in Raumanzügen der Sauerstoff knapp wird.

Pressekonferenzen mit Clooney geraten immer leicht zum Kasperltheater. Hatte vor Jahren hier ein Journalist die Hose runtergelassen, so versucht diesmal ein schwuler BBC-Korrespondent sofort einen schlüpfrigen Dialog und fängt bei Clooneys akurat-lässiger Silbermähnenfrisur an.

Aber Aufpasser entziehen ihm das Mikro: „Pech gehabt“, kommentiert der amerikanische Silberlöwe vom Lido lakonisch, um dann aber witzig und ganz subtil auf die Sexfrage zu antworten, die bei ihm immer im Raum zu stehen scheint: „Ich hatte ein gutes Script zugeschickt bekommen. Aber es gab nur zwei Figuren. Und weil ich nicht in Unterwäsche rumlaufen wollte, musste ich den Part nehmen, den ich jetzt habe.“

Der andere wäre der von Sandra Bullock gewesen, die sich am Ende des Films sexy aus dem Raumanzug schält. Der Film von Alfonso Cuarón, an dem er jahrelang bastelte, ist deshalb ein Meisterwerk, weil er alles perfekt, aber reduziert einsetzt: wie die Beschränkung auf zwei Figuren, die auf einer Außenreperatur-Tour am Raumschiff in nur 600 Kilometer Höhe abgeschnitten werden.

Unser „blauer Planet“ ist wunderbar nah, bestimmt die Orientierung und Optik und ist Kontrast zum kalten Technik-Schrott-Inferno des nahen Alls. In diesem unlebbaren Ambiente verhandelt Cuarón die großen Fragen (Was treibt den Menschen an?), und doch ist „Gravity“ auch ein klassischer Katastrophen- und Action-Durchhalte-Film. Dabei wunderbar elegant (mit vielen Zitaten aus Kubricks „Odyssee im Weltraum“) und sogar mit zeitweise aufblitzendem, aber niemals lächerlichem Witz und subtiler Erotik, die hinter Raumanzugpanzern so sanft anzüglich ist, dass man lächelt.

Und dann lässt Clooney los und überlässt ganz selbstlos Sandra Bullock den Raum, den Überlebenskampf und verabschiedet sich in die kalte, einsame Unendlichkeit. Ganz beiläufig wird das Kräftedreieck USA-Russland-China gestreift, wird an unser Unbewusstes durch Symbolik appelliert (Rettungsseile, die wie Nabelschnüre wirken, Weltraumschrott, der wie Geschosse in unsere Erdnatur einschlägt, wo Sandra Bullock wie eine Venus-Eva nach einer Notwasserung in einer Art Garten Eden auftaucht). So ist „Gravity“ eines der intensivsten Kinoerlebnisse geworden, von kleinsten akustischen Finessen bis hin zur vollen Pathos-Symphonik.

 

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