Neu in den Kinos:"Ghost Stories" in der AZ-Filmkritik

Vom klugen Londoner Westend-Theatererfolg zum wunderbar klassischen Geisterfilm: "Ghost Stories".
von  Florian Koch
Der arrogante Geschäftsmann, wunderbar snobistisch gespielt von Martin Freeman.
Der arrogante Geschäftsmann, wunderbar snobistisch gespielt von Martin Freeman. © Concorde

Der eine verbiegt Löffel, der andere flüstert mit Raben, der nächste versteht sich "nur" aufs Gedankenlesen. An Mentalisten mangelt es nicht – gerade die TV-Sendung "The Next Uri Geller" war für viele angeblich übernatürlich begabte Performer ein Karriere-Sprungbrett.

Ob man sich auf den häufig famos inszenierten Griff in die psychologische Trickkiste einlässt, ist letztlich Ansichtssache. Nicht jedoch, wenn es wie in "Ghost Stories" nach dem Willen von Philip Goodman (Andy Nyman) geht. Der untersetzte Brite gefällt sich als Illusionszerstörer, hat sogar eine eigene TV-Show, die davon lebt, wie er Scharlatane auf offener Bühne bloßstellt.

"Ghost Stories": kein schnell geschnittener Hollywood-Schocker, sondern altmodischer Geister-Episodenfilm

Sein selbstgefälliges Gebaren wird auf eine harte Probe gestellt, als ihm sein einstiges Vorbild, ein bekannter Psychologe, weismachen will: Unerklärliche Phänomene gibt es doch! Mit "Ghost Stories" adaptieren Hauptdarsteller Nyman und Jeremy Dyson ihr eigenes Theaterstück, das am Londoner West End die Zuschauer gekonnt erschreckte. Die Filmemacher verstehen sich als Grusel-Nostalgiker, und inszenieren "Ghost Stories" nicht als schicken, schnell geschnittenen Hollywood-Schocker, sondern als altmodischen, nicht aber altbackenen Geister-Episodenfilm mit punktgenau getimten Schreckeffekten.

Drei ungelösten Fällen geht Philip im Laufe des betont britischen Films nach: vom gebeutelten Nachtwächter, der in einer einsamen Fabrik heimgesucht wird über einen hypernervösen Jungen, der nachts im Wald auf einen Dämon trifft, bis zum arroganten Geschäftsmann, wunderbar snobistisch von Martin Freeman ("Sherlock") verkörpert, der auf die Geburt seiner Tochter wartet, in seiner gläsernen Villa aber nur Besuch vom Poltergeist bekommt.

Ein furios polterndes Finale schlägt dann den Bogen zu irdischen, aber nicht weniger bedrohlichen Themen wie verdrängte Schuld und religiöser Fanatismus.


Kinos: Cinemaxx, Mathäser sowie Museum (OV), R: Andy Nyman, Jeremy Dyson (GB, 98 Min.)

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