Neu im Kino: Indisches Cinema Paradiso
München - Wer einmal ein indisches Kino besucht hat, weiß, was Publikumsbegeisterung bedeutet. So ist der erste Film immer etwas ganz Besonderes. Natürlich auch für den kleinen Samay auf dem Dorf, wo sonst nichts los ist. Nach dem Besuch eines Films über die Göttin Mahakali im Kleinstadtkino weiß der Junge (ein Glücksgriff: Bhavin Rabari) sofort, was er will: Filme machen!
Der Deal mit dem wunderbar skurrilen Filmvorführer
Erst einmal aber muss er aber seinem Vater helfen, der mit einem winzigen Teekiosk am Bahnhof die Familie ernährt. Sobald ein Zug hält, versucht der Achtjährige Tee an Reisende zu verkaufen. Und mit dem wunderbar skurrilen Filmvorführer macht der Knirps einen Deal.
Der darf die von der Mutter gekochten Köstlichkeiten in der Lunchbox futtern, er dafür kostenlos Filme schauen, so viel er will, und mit der Technik experimentieren. Was kümmert ihn da noch die Schule oder die Prügel des Vaters, wenn er jeden Tag eine neue Welt auf Zelluloid erleben kann?
Eine Liebeserklärung an das Kino längst vergangener Tage
Drehbuchautor und Regisseur Pan Nalin will als Geschichtenerzähler Gefühle von Hoffnung vermitteln. Sein nostalgisch-herzerwärmender Blick ist autobiographisch geprägt und im Bundesstaat Gujarat angesiedelt, seiner Heimat.
Eine Liebeserklärung an die Vergangenheit, als Filme ihre Magie in 35mm und mit Projektorgeratter leuchtend auf der großen Leinwand entfalteten. Diese Ära geht im Film zu Ende, durch die digitale Filmprojektion droht die Schließung des lokalen Kinos. Auch wenn es aussichtslos scheint, Samay und seine Freunde schmieden dagegen einen fantasiereichen Plan.
Wilder Farbenrausch: Eintauchen und davon tragen lassen
Bereits die Eröffnungssequenz ist eine Hommage an die Anfänge des Kinos der Lumière-Brüder, ein Zug fährt auf die Zuschauer zu, erst schwarz-weiß und dann in Farbe. Und wenn Samay auf einem Feld ein Streichholz anzündet und die Flamme betrachtet, erinnert das an Peter O'Toole in "Lawrence von Arabien", dazu jede Menge weitere Filmzitate.
Beim Betrachten kommen leichte Wehmut und Assoziationen zu Giuseppe Tornatores unvergesslichem Meisterwerk "Cinema Paradiso" von 1988 auf. Ob in Italien oder in Indien, in Europa oder Asien, gestern oder heute: der Glaube an die Zukunft des schon oft totgesagten Kinos bleibt unerschütterlich. Besonders, wenn wir in so einen wilden Farbenrausch eintauchen wie hier und uns einfach davon tragen lassen.
Kino: Arena (auch OmU), sowie Theatiner (OmU), R: Pan Nalin (Indien, F, 112 Min.)