Die Tragikomödie "Florence Foster Jenkins" setzt der schlechtesten Opernsängerin aller Zeiten mit Meryl Streep als Titelheldin ein berührendes Denkmal.Andreas Fischer
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2016 Constantin Film Verleih GmbH Ergreifend, charmant und witzig: Stephen Frears lässt die Opernsängerin "Florence Foster Jenkins" in Würde ihre schiefen Töne singen.
Auch die größten Bühnen sind vor schiefen Tönen nicht gefeit. Vor allem, wenn eine Sängerin daraufsteht, deren Selbsteinschätzung der Wirklichkeit nicht standhalten kann. Florence Foster Jenkins war so eine Frau: Sie lebte und wirkte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in New York und träumte davon, Opernsängerin zu werden. Selbst die schwierigsten Arien trällerte sie mit Inbrunst - und schaffte es sogar auf die Bühne der berühmten New Yorker
Carnegie Hall. Nur hatte sie darauf eigentlich nichts verloren. Eigentlich! Wie der britische Regisseur Stephen Frears
("The Queen") in seiner warmherzigen Tragikomödie "Florence Foster Jenkins" zeigt, können es verschiedene Töne sein, die die Musik machen. Frears' Werk ist ein ebenso charmantes wie ergreifendes Denkmal für eine große Träumerin - und bereits der dritte Film in kurzer Zeit, der sich mit dem Leben der Möchtegern-Diva beschäftigt. Zur Zeit läuft das deutsche Dokudrama "Die Florence Foster Jenkins Story" in den Kinos, im vorigen Jahr hatte der französische Film "Madame Marguerite oder die Kunst der schiefen Töne" die Handlung ins Paris der 1920er-Jahre verlegt. "Die Leute mögen sagen, ich könne nicht singen. Aber niemand kann sagen, ich sang nicht", wird Florence Foster Jenkins am Ende des Films stolz behaupten und mit einem Lächeln abtreten. Sie hat ihren Traum verwirklicht - egal, was andere Leute darüber denken. Frears inszeniert seinen Film als Porträt einer Frau, die die Musik liebt und als großzügige Mäzenin unterstützte und förderte. Als Erbin eines Industriellen hatte Jenkins die notwendigen finanziellen Mittel. Mit
Meryl Streep fand Frears die ideale Besetzung, die der wohl schlechtesten Sängerin der Welt ein ebenso reizendes wie energisches Gesicht gibt. An ihrer Seite läuft Hugh Grant
in der wahrscheinlich besten Rolle seines Lebens zur Hochform auf: Der Brite spielt Jenkins' Ehemann, einen leicht blasierten, aber liebenswürdigen Shakespeare-Darsteller, der jegliches Unbill von seiner mit bewegender Naivität gesegneten
Gattin abhält. Das bedeutet einerseits, dass er, St. Clair Bayfield, die Gästeliste ihrer öffentlichen Auftritte streng überwacht und notfalls Kritiker besticht. Andererseits, und das ist der Kern in Frears' Film, bedeutet es, dass Bayfield seiner Gattin
mit Respekt und unendlicher Liebe begegnet. Auch wenn er ein Doppelleben mit einer Geliebten führt, in einer von Florence Foster Jenkins finanzierten Wohnung. Die Beziehung der beiden ist über jegliche Misstöne erhaben. Natürlich kommt auch Frears nicht um Szenen herum, die einer gewissen Lächerlichkeit nicht entbehren: Florence Foster Jenkins konnte einfach nicht singen - egal wie sehr sie es sich wünschte. Wenn etwa "The Big Bang Theory"-Star Simon Helberg als ernsthafter Pianist Cosmé McMoon zur ersten Probe mit Florence Foster Jenkins aufspielt, spiegelt sich in seinem Gesicht alles, was man als Zuschauer auch fühlt: Ungläubigkeit, Resignation und Erheiterung. Frears' Kunst ist es, Florence Foster Jenkins zu keiner Zeit vorzuführen: Er begegnet ihr mit Würde und Respekt. Auch wenn ihr Wunsch, einmal in der Carnegie Hall aufzutreten, eine angekündigte Katastrophe ist, die, so wollte es das wahre Leben, in einer öffentlichen Demütigung endet. Am Ende wird sie gesungen haben und es bleibt die Erkenntnis, dass Musik manchmal auch ohne Noten funktioniert.