"Monsieur Chocolat": Ein Clown begehrt auf

Eine bittere Komödie mit Tiefgang: Omar Sy und James Thiérée brillieren in „Monsieur Chocolat“.
von  az
Die Clowns Padilla (Omar Sy, links) und Georges Foottit (James Thiérrée) lassen den schäbigen Provinzzirkus bald hinter sich und werden im Paris des späten 19. Jahrhunderts zu Stars in der Manege.
Die Clowns Padilla (Omar Sy, links) und Georges Foottit (James Thiérrée) lassen den schäbigen Provinzzirkus bald hinter sich und werden im Paris des späten 19. Jahrhunderts zu Stars in der Manege. © Julian Torres / Gaumont

Vom französischen Maler Henri de Toulouse-Lautrec wurde er gezeichnet, von Edmond Heuzé aquarelliert: Chocolat war der erste dunkelhäutige Clown in Frankreich – und eine Sensation. Zusammen mit seinem weißen Gegenpart, dem Clown George Foottit, eroberte er Ende des 19. Jahrhunderts die Zirkuswelt und das Pariser Bohème-Publikum, das von dem exotischen Künstler fasziniert war.

Doch der Erfolg hatte seine Schattenseiten, Chocolats Rolle war die des Watschenmannes und Tölpels. Sich in der Manege demütigen zu lassen, macht Rafael Padilla, wie er wirklich heißt, reich – und unglücklich. Im Biopic „Monsieur Chocolat“ von Regisseur Roschdy Zem streitet „Ziemlich beste Freunde“-Star Omar Sy vor historischer Kulisse um die Anerkennung der Schwarzen in einer weißen Gesellschaft.

Foottit wird gespielt von James Thiérrée, einem Enkel Charlie Chaplins. Und was die beiden an historischen Zirkusnummern aufführen, ist eine Schau für sich in einem atmosphärisch dichten Ausstattungsfilm.

Vom Provinz-Zirkus nach Paris

Im Film lernen sich Padilla und Foottit bei einem heruntergekommenen Provinz-Zirkus Ende des 19. Jahrhunderts kennen. Der eine mimt den brüllenden Kannibalen, der andere bekommt als Clown keinen Job mehr. Aber Foottit hat einen Blick für das burleske Talent von Padilla und überredetden Zirkusdirektor, eine gemeinsame Nummer einstudieren zu dürfen.

Der Auftritt der beiden schlägt beim lokalen Publikum ein und sorgt für volle Kassen. Als der Chef sich knausrig gibt, kommt das Angebot eines Engagements im renommierten „Nouveau Cirque“ in Paris gerade recht. Padilla und Foottit entwickeln eine ausgeklügelte Show, die die Leute hinreißt und ihnen die Taschen füllt. Padilla kauft sich sogar ein Auto, verliert aber viel Geld am Spieltisch.

Das Drehbuch geht mit dem Lebenslauf des ersten schwarzen Clowns auf einer französischen Bühne recht frei um. Größter Eingriff dürfte sein, dass die kubanische Herkunft Padillas unter den Tisch fällt und stattdessen suggeriert wird, er stamme aus den französischen Kolonien. Umso besser kann Omar Sy sich der Kritik der französischen Spielart des Rassismus widmen.

Drogen, Spielsucht und freie Liebe

Dabei ist sein Padilla kein Heiliger. Zur ruinösen Spielsucht kommen Drogen und ein herzlos leichtfertiger Umgang mit Liebschaften. Sy besticht nicht nur durch die Slapstick-Szenen in der Manege, sondern damit, die Ambivalenzen und Unentschiedenheiten seines Charakters zu zeigen. Das gilt auch für den Prozess, in dem sich Padilla seiner Lage als Schwarzer in Frankreich bitter bewusst wird.

Bei einer Polizeikontrolle, die ihre Parallele im Umgang mit illegalen Einwanderern in der Gegenwart hat, landet Padilla im Gefängnis, wo ihn die Wärter misshandeln. Er teilt sich die Zelle mit einem haitianischen Intellektuellen, der ihm seine Entmenschlichung als Prügelknabe eines weißen Clowns vor Augen führt. Nach seiner Entlassung beginnt Padilla, gegen das Image zu revoltieren, das ihm verpasst wurde, und überwirft sich mit Foottit.

Er will sich als eigenständiger Künstler emanzipieren, aber dazu ist die zutiefst rassistische Gesellschaft Frankreichs nicht bereit.


R: Roschdy Zem (F, 120 Min.) Kinos: Arri, Neues Arena, City, Kino Solln. Mathäser, Studio Isabella (OmU), Theatiner (OmU)

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