Mit starkem Willen und den Mächten des Himmels

Das Drehbuch stolpert, aber Hallervorden zieht es großartig durch: „Sein letztes Rennen“
Michael Stadler |
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Auf Kastanienmännchen hat er keine Lust, der alt gewordene Olympiagewinner Paul Averhoff. Sie stehen auf Streichholzbeinchen, er aber hat noch Kraft in den Waden, Sprit im Tank! Averhoff will sich nicht wie die anderen im Altersheim mit Bastelarbeiten verdummen lassen, sondern will ein letztes Mal durchstarten. Rennen. Die lange Strecke. Den Berliner Marathon.

Eine Geschichte gegen jede Wahrscheinlichkeit, gegen die Schwerkraft des Alters spinnt Kilian Riedhof in seinem Kinodebüt, nachdem er sein Können in TV-Filmen bewies. „Homevideo“ war darunter, ein realitätsnahes Drama über einen Schuljungen, von dem ein intimes Video im Internet landet, was zur Katastrophe führt. In „Das letzte Rennen“ ist es die Idee, trotz hohen Alters einen Marathon zu laufen, die immer weiter wuchert, die erst Averhoff, dann seine Frau, die ihn schon 1956 zum Sieger bei der Olympiade in Melbourne trainierte, und dann auch die anderen Heimbewohner infiziert. Was allen noch mal schön Pep gibt.

Es entsteht eine weitgehend solidarische Gemeinschaft der Alten, die mit Averhoff mitfiebern. Als Gegenpart setzt Regisseur und Mitautor Riedhof das von Sparzwängen verhärtete, in der Figur einer Betreuerin (Katharina Lorenz) auch noch arg psychisch angeknackste Heimpersonal. Diese Schwarz-Weiß-Malerei raubt jeder Kritik an der Altenpflege die Kraft. Einen lockeren Pfleger (Frederick Lau) gibt es, der sich von Averhoff zu einem Lauf-Duell im Park herausfordern lässt. Wenn die zwei dann ihre Runden rennen, beschwört der Film plötzlich die Kräfte des Himmels und des Kinos, starker Wind, Zeitlupe. Aber wieso eigentlich?

Riedhof changiert nach Belieben die Register zwischen realistisch und märchenhaft. Dabei hat er in Dieter Hallervorden einen schön zurückhaltend spielenden Darsteller, der mit der ebenfalls fein agierenden Tatja Seibt als Ehefrau ein sehr rührendes Paar abgibt. Für die Rolle hat der 77-jährige Hallervorden vier Monate trainiert, in den echten Berliner Marathon hat er sich 2012 mit dem Drehteam eingeklinkt. Aber auch da schert der Film schlicht ins Fantastische aus. Große Emotionen – gerne. Aber vielleicht gewinnt man subtiler unsere Herzen. Hallervorden kann’s (vielleicht ja auch dank der Regie), reduziert und sachte.

Kino: ABC, Gloria Premium Palast, Rio, Sendlinger Tor, Kino Solln R: Riedhof (D, 115 Min.)

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