"Midnight Special": Der Junge aus der anderen Welt

Gut gemachte Irrelevanz – das ist „Midnight Special“. Denn in knapp zwei Stunden werden erst einmal dramaturgisch viele Rätsel aufgebaut und spannend miteinander verschlungen.
Ein Junge wurde entführt – weg von seinem Adoptivvater, der ein Prediger einer evangelikalen Sekte ist. Die bereitet sich auf den jüngsten Tag vor, der am 6. März stattfinden soll. So hatte es der Junge – wie vom mehr oder weniger Heiligen, aber jedenfalls Geist befallen – in seltsamen Sprachzeilen prophezeiht.
Wem das bereits zu abgedreht erscheint, sollte sich erinnern, als 1993 in einer Art Häuserkampf das FBI die Siedlung Mount Carmel bei Waco, Texas, stürmte. Dort hatten sich Davidianer verschanzt, und ein befohlener Massen(selbst)mord stand unmittelbar bevor. Auch „Midnight Special“ spielt in Texas. Und immer stärker wird klar, von wem der Junge entführt wurde, dass die Sekte sie verfolgt und auch das FBI hinter ihnen her ist.
Warum wer dabei welche Interessen verfolgt, ist lange offen gehalten. Und man wechselt durchaus gespannt nach einer halben Stunde emotional die Seite zu den anfangs zwielichtigen Entführern (Michael Shannon und Joel Edgerton). Die rasen action-geladen unbeleuchtet mit einem Nachtsicht gerät in einem Ford Mustang über nächtliche Landstraßen.
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Was also wie ein gelungener Krimi beginnt, kippt dann aber ins Bizarre – und in die Frage, ob der Zuschauer die folgenden Fragwürdigkeiten mitmacht? Außerirdische kommen ins Spiel, die es ebenfalls auf den Jungen abgesehen haben. Aber wie bei vielen Sci-Fi-Produkten, hakt da jede Logik: Warum holen höhere Wesen, die innerhalb von Minuten eine ganze High-Tech-Stadt entstehen lassen können, den Jungen auf verschlungenen und sinnlos zerstörerischen, menschlichen Irrwegen wieder zu sich zurück?
Jaeden Liberher erinnert als Menschensohn aus der anderen Welt anfangs etwas an den jungen, leicht abwesend wirkenden Harry-Potter. Aber nie versteht man, was es mit seiner Lichtallergie auf sich hat, was seine laser-strahlenden und so gefährlichen Augen zu bedeuten haben? Geheimnisvoll trägt der 8-Jährige meist eine Schweißerbrille (um sich oder die Umwelt zu schützen?) und liest auf der Rückbank des Fluchtautos nächtlich Superman-Comics mit einer Taschenlampe.
Was aber bringt ein Science-Fiction-Aspekt, der sich vollkommen von unseren Menschheits-Problemen abkoppelt? Nichts! Nur ganz kurz blitzt zusammenhangslos eine Zukunftsstadt auf – wie von Corbusier entworfen, aber ökologisch bewachsen. Das alles ist zu wenig!
Kino: Arena, Leopold und Museum (OV), R: Jeff Nicholson (USA, 111 Min.)