Michael Caine: Liebesbelebte Würde

Melancholisch und tief: Über „Mr. Morgan’s Last Love” liegt sanft heitere Versöhnlichkeit
Adrian Prechtel |
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„Es gibt wenige Rollen für Alte. Außer vielleicht in Komödien, wo sie sich lächerlich machen. ,Mr Morgan’s Last Liebe’ aber hatte Würde.” Das erzählte Michael Caine auf dem Filmfest München.
Wie kann man also eine Beziehung mit größtem Altersunterschied zwischen Mann und Frau ohne Klischees oder Peinlichkeit erzählen? Denn Mr. Morgan ist weder Sugardaddy mit dicker Brieftasche, noch trottelig, sondern ein Witwer, der nicht mehr an das Leben glaubt – bis er Pauline trifft.

Regisseurin Sandra Nettelbeck („Bella Martha”) hat der Geschichte noch eine weitere Dimension gegeben, indem sie – entgegen der Romanvorlage – aus Monsieur Armand im Film einen Mr. Morgan macht – einen Amerikaner in Paris.

Damit macht sie ihn isolierter (er hat in Jahrzehnten nie Französisch gelernt) und kann über seine anreisenden erwachsenen Kinder noch den kulturellen Gegensatz Europa-USA und Familienkonflikte ausspielen. Und der Film spielt natürlich mit dem ruhigen Grand-Seigneur-Sein von Sir Michael.

Man merkt dem Film angenehm an, dass er keine US-Produktion ist. Denn obwohl sie (Clémence Poésy) verhinderte Balletteuse ist, die in einem Tanzkursstudio arbeitet, wird er kein fantastischer Tänzer, sondern bleibt ein eleganter älterer Herr. Und sie – obwohl er geistige Seiten hat – wird keine Intellektuelle. Auch gibt es keinen Sex, sondern nur eine wunderbare tiefe Sympathie, fast Symbiose. Denn – und das ist das Schöne – es gibt so etwas wie eine zwischenmenschliche Harmonie, die alle Altersunterschiede verwischt. Sie ist für ihn der Sieg des gegenwärtigen Lebens über die Melancholie der Nostalgie.

Dennoch hat der Film auch kluge Widerhaken: Mr. Morgan ist nicht einfach unser Sympathieträger, sondern hat eine problematische Vergangenheit. „Ich habe Trinken eine Zeitlang ausprobiert. Es hat nicht funktioniert”, sagt er im Drehbuch, ein Satz, den Regisseurin Nettelbeck sogar aus Caines Autobiografie genommen hat. Und Morgan hat als Familienvater versagt, ist egozentrisch, allerdings ohne jeden Altersstarrsinn, aber mit dem, was Michael Caine vom Drehbuch verlangt hat: Würde.

Kino: Arri, Neues Arena, Rio, Münchner Freiheit (auch OmU), Monopol (OmU), Cinema (OV)
R: Sandra Nettelbeck (D/F/GB, 116 M.)

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