Michael Bully Herbig: "Die Idee kam unter der Dusche"

Am Filmtheater Sendlinger Tor hängt das riesige Plakatgemälde von "Der Boandlkramer und die ewige Liebe". Aber der Film kommt doch nicht ins Kino.
Er sollte erst vergangenen Oktober, dann im Februar starten, doch nach vielen Lockdown-Monaten ist er nun beim Streamingdienst Amazon Prime. Die Komödie ist die Fortsetzung von "Der Brander Kaspar und das ewige Leben" - und der letzte Film von Joseph Vilsmaier, der im Februar 2020 gestorben war, nur drei Monate nach dem Dreh.
Michael Bully Herbig stellte den Film fertig
Fertiggestellt hat den Film Michael Bully Herbig: Er war Koproduzent, hat mit Marcus H. Rosenmüller und Ulrich Limmer das Drehbuch geschrieben und spielte wie im Vorgängerfilm den Boandlkramer, den leibhaftigen Tod.
Der 53-jährige Münchner Michael Bully Herbig ist Comedian, auch Schauspieler, Drehbuchautor, Regisseur und Produzent. Mit der Fernsehsendung "Bullyparade" und den Filmen "Der Schuh des Manitu" und "(T)Raumschiff Surprise" schuf er absolute Publikumshits. Mit seinem Film "Ballon" (2018) wechselte er ins dramatische Fach.
AZ: Herr Herbig, wie erinnern Sie sich an Joseph Vilsmaier?
MICHAEL BULLY HERBIG: Ich habe nur die schönsten Erinnerungen. Richtig kennengelernt haben wir uns vor dreizehn Jahren während des Drehs zum "Brandner Kaspar", aber durch die Zusammenarbeit in den letzten zwei Jahren wurde unser Verhältnis noch viel intensiver, familiärer, unglaublich emotional. Es hätte mich nicht gewundert, wenn ich irgendwann Papa zu ihm gesagt hätte. Ich habe mich richtig in ihn verknallt. Mich hat sein Tod mitgenommen, ich hatte daran einige Wochen zu knabbern.
Joseph Vilsmaiers letzter Film handelt ausgerechnet vom Boandlkramer.
Wahrscheinlich hat nur Joseph gewusst, dass es sein letzter Film würde. Hätte das Team geahnt, wie es wirklich um ihn steht, wären wir nicht mit so einer Leichtigkeit mit dem Thema Tod umgegangen. Der Dreh hätte eine Schwere bekommen, die Joseph vermeiden wollte. Stattdessen sind wir leichtfüßig durchmarschiert.
Von Vilsmaiers Krankheit wusste Bully nichts
Aber Sie wussten von seiner schweren Krankheit, oder?
Nein. Es gab da nur einen bestimmten Moment: Ein paar Wochen vor Drehbeginn saßen wir zusammen, er wurde wehmütig und sagte zu mir: "Bully, Du musst mir eine Sache versprechen. Wenn mit mir während des Drehs irgendetwas sein sollte, musst Du den Film fertigmachen." Ich bin reflexartig aufgestanden, habe ihn in den Arm genommen und gesagt: "Joseph, hör auf, natürlich machst Du den Film!" Ich dachte mir damals, er ist achtzig, da kann ja immer mal sein, dass er krank wird und eine Woche liegen muss - und dann mach ich halt weiter. Erst im Feinschnitt wurde mir klar, wie krank er ist. Als der Film geschnitten war, hat er losgelassen. Er wusste, der Film ist toll geworden - und der Bully macht das schon. Danach ging es sehr schnell. Er hat ja immer gesagt, wenn er nicht mehr drehen kann, mag er nicht mehr. Und das hat er durchgezogen.
Sie haben den Film dann in der Postproduktion fertiggestellt. Wollten Sie die Entscheidungen in seinem Sinne treffen oder kann man nur sein eigenes Ding durchziehen?
Wir waren uns schon während der Vorbereitung immer einig. Wir wollten das Gleiche. Deshalb war mir bei der Postproduktion klar, wie wir das in Josephs Sinne machen. Ich wusste, welche Ideen er mag und was tabu ist.
Haben Sie sich schon beim Dreh als Co-Regisseur eingebracht?
Ich habe gesagt, wenn Joseph möchte, dass ich im Notfall einspringe, sollten wir einen Weg finden, dass ich nicht von heute auf morgen übernehmen müsste. Das wäre komisch für das Team. So hat es sich ergeben, dass ich von Anfang an involviert war. Ich bin bei Joseph gesessen, war für ihn da und habe Vorschläge gemacht. Aber für mich war immer klar: Das ist Josephs Film und ich bin sein begleitender Koproduzent. Es kam mir nie in den Sinn, das Co-Regie zu nennen.
Wie ging es ihm am Set?
Er hat nie gejammert, war voller Energie. In den Dolomiten ist er so rumgesprungen, dass ich zum Team gesagt habe: Fangt's ihn ein, der klettert uns davon! Man hat einfach gespürt: Das Set war seine Heimat.
"Der Boandlkramer ist ein abgefahrener Freak"
Sie hatten die Idee zum Film. Wollten Sie unbedingt noch mal den Boandlkramer spielen?
Das war die Rolle, die ich bisher am liebsten gespielt habe, weil der Boandlkramer so ein abgefahrener Freak ist. Ich konnte mich da richtig austoben, mit der Maske, mit dem Spiel. Und unter der Dusche - es passiert immer unter der Dusche - ist mir plötzlich der Titel eingefallen: statt "Der Brander Kaspar und das ewige Leben" eben "Der Boandlkramer und die ewige Liebe". Ich dachte mir, das musst Du sofort dem Sepp erzählen. Ich habe ihm gesagt: "Ich habe keinen Plot, keine Story, aber stell Dir vor: Der Tod verliebt sich und bringt dadurch den göttlichen Plan durcheinander." Er hat gesagt: "Des müss' ma machen". Ich hab' dann Marcus H. Rosenmüller als Drehbuchautoren vorgeschlagen, worauf Joseph zum ersten Mal den Satz gesagt hat, den ich danach noch circa 500 Mal gehört habe: "Den kenn i, den ruf i glei an".
Der Brandner Kaspar sollte ursprünglich auch eine Rolle in der Geschichte spielen, aber Franz Xaver Kroetz wollte nicht dabei sein. Hat das den Elan gebremst?
Joseph und ich hatten beim Dreh des "Brandner Kaspar" eine sehr gute Zeit mit ihm. Aber ich wusste, er ist selbst Schriftsteller, hat sicherlich eigene Ideen und Vorstellungen, wir mussten also damit rechnen, dass er die Rolle vielleicht nicht spielen will. Joseph ist also zu ihm gefahren, aber Franz Xaver Kroetz hat ihm abgesagt. Als Joseph zum Auto ging, rief Hape an. Joseph dachte, wenn der jetzt auch noch absagt, ist der Tag gelaufen. Aber Hape sagte: "Hallo Joseph, hier ist Dein Teufel".
Haben Sie sich den Teufel schon immer so schillernd, wie jetzt Kerkeling ihn spielt, vorgestellt?
Joseph hatte die Idee, Hape Kerkeling als Teufel zu besetzen - und sie war genial. Das war ein Geschenk für den Film. Ich habe immer gesagt: Der Teufel soll ein Verführer sein, ein Charmeur, ein Blender mit viel Bling-Bling.
Eine glitzernde Hölle
Auch die Hölle ist anders, als der gemeine Katholik sie sich vorstellt. Sie haben in den von André Heller konzipierten Swarovski Kristallwelten in der Nähe von Innsbruck gedreht, einer surrealen Glitzerwelt. Wieso?
Weil es etwas mit Verführung zu tun hat. Alles ist sehr modern, hell und glitzernd. Die Hölle ist im Film wie ein Fremdkörper, aber das war auch so gemeint. Es sollte eine fremde Welt sein da unten.
Wie war die Chemie zwischen Ihnen und Hape Kerkeling?
Er kam vorab nach München, um einen Song einzusingen, und ich habe ihn im Studio besucht. Wir kannten uns vorher nicht persönlich, sind uns aber sofort in die Arme gefallen. Das Liebe auf den ersten Blick zu nennen, wäre untertrieben. Es hat sich angefühlt, als würden wir uns ein Leben lang kennen. Und so ist es ja auch: Ich kenne ihn aus dem Fernsehen fast ein Leben lang. Er war leider nur die ersten sechs Drehtage dabei. Wir haben alle gesagt: Was machen wir denn jetzt die nächsten 30 Drehtage ohne Hape?
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