Matt Damon gegen Jodie Foster: Schreckliche neue Welt

Mit „District 9” hat Neill Blomkamp nicht nur Science-Fiction-Fans begeistert. Und auch mit seinem Endzeitfilm „Elysium” bleibt er sich treu
von  Florian Koch

Glaubt man Hollywood, muss man für die Zukunft unseres blauen Planeten schwarz sehen: In ein paar Jahren fallen Zombies über uns her („World War Z”), 2077 ist die Erde nach einem Krieg mit Aliens völlig zerstört („Oblivion”) und in 1000 Jahren leben dann gar keine Menschen mehr auf ihr („After Earth”).

Die im Kinojahr 2013 fast schon bizarre Lust an der Beschwörung von Weltuntergangs-Szenarien geht mit „Elysium” in die nächste Runde. Und auch wenn Regisseur Neill Blomkamp in den Chor der Hollywood-Schwarzseher einstimmt, so muss man seiner Utopie für das Jahr 2154 doch ein hohes Maß an subversiver Sozialkritik bei gleichzeitiger Dauerspannung attestieren.

Kurz, knapp und holzschnittartig handelt Blomkamp noch die Eckdaten für seine Zukunftsvision ab. Die Großkopferten residieren in einer kreisförmigen Weltraumstation namens „Elysium” und kennen dabei „keine Armut, keinen Krieg und keine Krankheit” mehr. Ein bisschen sieht ihr Palmen-Pool-Refugium aus wie Florida, würde nicht auf Französisch parliert und die Cocktails nicht von Robotern gereicht werden. So weit, so klischeelastig.

Interessant wird es bei der Regierungsform. Geleitet wird „Elysium” von einem schwachen indischen Präsidenten. Das eigentliche Sagen haben aber die Frauen, die das Verteidigungsministerium besetzen. Delacourt (Jodie Foster) ist hier die Macherin, eine eiskalte Intrigantin, die mit Hilfe des aalglatten Erden-Konzernleiters Carlyle (William Fichtner) einen über Comuterprogramme laufenden Putsch plant.

Delacourts über Leichen gehendes Machtstreben hat nur eine Schwachstelle: Wer an ihre in Carlyles Kopf gespeicherten Putsch-Pläne kommt, hat sie in die Hand – der Fall Snowden lässt grüßen. Einer, dem das gelingen kann, ist Max De Costa. Matt Damon legt die Helden-Figur als anfangs wenig sympathischen, weil egoistischen Möchtegern-Revoluzzer an. Mit Glatze, Tattoos und viel krimineller Energie ausgestattet, ist Da Costa ein Tatmensch. Und nur ein solcher hat hier noch eine Überlebenschance.

Im Gegensatz zu „Elysium” ist der einst blaue Planet zu einer Favela-Staubwüste verkommen, die deutliche Parallelen zu Blomkamps grandiosem Vorgängerfilm „District 9” aufweist. In dieser lebensfeindlichen Umgebung dominieren harte Latino-Banden, während Senioren fast völlig verschwunden sind.

Das Ende des demografischen Wandels hat einen ganz brutalen Grund: Die medizinische Versorgung kann nicht mehr gewährleistet werden. Blomkamps bewegende Kritik am Gesundheitssystem der Zukunft bekommt in Person der Ärztin Frey (Alice Braga) eine Stimme. Ihr Kind ist sterbenskrank. Nur „Elysium” kann das Mädchen retten. Und jetzt ist Da Costa, der nach einem Strahlen-Arbeitsunfall nur noch fünf Tage zu leben hat, gefragt. Auf ihrer Mission in Richtung All gibt es aber noch viele Hindernisse – wie den von Delacourt gelenkten Krieger Krüger (Sharlto Copley mit Chuck-Norris-Bart).

Bis zum überzogenen Krawall-Showdown schafft es Blomkamp, wie in „District 9”, seine heftige Gesellschaftskritik in einer faszinierend-realistischen Bildsprache zu erzählen. Und am Ende, wenn aus Beklemmung Befreiung wird, bleibt die Hoffnung, dass sein packend-pessimistischer Blick in die Glaskugel nur Fiktion bleibt.

Kino: CinemaxX, Gabriel, Gloria, Mathäser, Leopold (beide auch OmU), Royal, Cinema (OV), Museum Lichtspiele (OV)
R: Neill Blomkamp (USA, 109 Min.)

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