Kritik

"Märzengrund" neu im Kino: Heilsame Einsamkeit

Adrian Goiginger zeigt in "Märzengrund" einen Fluchtversuch aus der Gesellschaft, angesiedelt in der Tiroler Bergwelt.
von  Matthias Pfeiffer
Das Leben in der Bergwelt ist einsam und hart.
Das Leben in der Bergwelt ist einsam und hart. © Metafilm

Der Blick ins unendliche Tal, die Erhabenheit der Felsformationen, das unschuldige Grün der Wiesen - eine Wanderung ins Gebirge kann die Lebensgeister schon wieder auffrischen. 

Regisseur Adrian Goiginger nimmt sich das Aussteiger-Genre vor

Für Elias (Jakob Mader) ist das jedoch nicht genug. Er will den Rest seines Lebens hier verbringen. Mehr als verständlich, wenn man im Tirol der Sechziger Sohn eines Großbauern und eingeschlossener Freigeist ist.

Für seinen zweiten Film "Märzengrund" hat sich Adrian Goiginger ("Die beste aller Welten") das Aussteiger-Genre vorgenommen. Die Handlung ist dabei recht schnell erzählt: Eben dieser Elias ist ein sensibler junger Mann, der die Nase lieber in Bücher steckt, als sich auf seine Zukunft als Patriarch und Landwirt vorzubereiten.

Blick auf die lebensgefährliche Unbarmherzigkeit der idyllischen Bergwelt

Als die Anforderungen von außen zu viel werden und eine Liebschaft zu einer geschiedenen Frau von der Mutter unterbunden wird, bricht er schließlich zusammen. Wieder zu Kräften gekommen, entschließt er sich zum Einsiedlerleben in den Bergen. Auch wenn er damit nicht nur mit den Regeln der Gesellschaft, sondern auch mit seiner Familie brechen muss.

Besonders positiv fällt auf, dass der Regisseur so gut es geht auf Postkarten-Ästhetik verzichtet. Die Bilder der alpinen Landschaft sind natürlich von überragender Schönheit, sodass man selbst kurz nachdenkt, ob das Dasein hier nicht glücklicher ist als in der zivilisierten Welt der Zwänge. Doch er zeigt auch die lebensgefährliche Unbarmherzigkeit dieser Idylle.

Große Schauspielkunst bis in die Nebenrollen hinein

Den interessantesten Punkt erreicht "Märzengrund" jedoch, als seine Handlung in unserer Gegenwart ankommt. Elias ist inzwischen ein alter Mann (Johannes Krisch), der sich vom Großteil des modernen Lebens verabschiedet hat. Eine lebensgefährliche Krankheit zwingt ihn jedoch zurück in die Zivilisation. Hier ist er nicht nur mit der Sterilität des Pflegeheims konfrontiert, sondern auch mit der Frage nach der Verantwortung seinen Mitmenschen gegenüber.

Was in den ersten zwei Dritteln des Films also die nachvollziehbare Geschichte eines Ausbruchs ist, wird gegen Ende zum gelungenen Denkanstoß über die Grenzen der Freiheit. Dass er dabei nicht zu theoretisch wird, sondern durchweg mitreißt, liegt vor allem an der großen schauspielerischen Leistung, die der Cast bis in die Nebenrollen mitbringt.

"Märzengrund" ist ein wunderbarer Film für Kopf und Herz. Er stellt Fragen, die direkt auf den Punkt gebracht sind in einer Bildsprache, die für sich schon ein Ausbruch aus dem Alltag ist.


Regie: Adrian Goiginger (A, 110 Minuten), Kino: ABC, City Atelier, Neues Maxim

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