Mach' Dir ein Bild! "Exodus" mit Christian Bale

Ridley Scott wagt sich bildgewaltig ans Alte Testament mit Christian Bale als Moses in "Exodus".
von  Adrian Prechtel

Ridley Scott wagt sich bildgewaltig ans Alte Testament mit Christian Bale als Moses in "Exodus".

Wer den israelitischen Massen-Exodus aus Ägypten 1300 vor Jesus Christus verfilmt, dem stellen sich große Fragen: Wie stelle ich die dar, die das Ganze antreiben: Moses, den Jungen aus dem Körbchen, der sich dann mit einem ganzen Volk auf den Weg aus der Sklaverei macht. Ist er Heiliger, Krieger, Verrückter und welcher Typ von Führer?

Und: Wie zeige ich den, von dem man sich kein Bild machen soll: Gott? Ridley Scott, Meister des Unheimlichen („Alien“) und des kriegerischen Historien-Epos („Gladiator“), findet auf alles eine Antwort – meist klug und gelungen, manchmal zweifelhaft oder ausweichend.

Wie zeigt man den, von dem man sich kein Bild machen soll: Gott?

Auf die Gretchenfrage, wie er es mit Gott hielte, hat Scott keine klare Position: Denn der monotheistische, jüdische Gott, der sich ja gerade durch Abstraktheit auszeichnet, entzieht sich filmisch. Scott ist das für die Emotionswelt des Kinos zu gewagt. Er lässt ihn in Gestalt eines rätselhaften Hirtenjungen auftreten – neumodisch angelehnt an „Little Budda“, einen Kind-Dalai Lama.

Den aber kann nur Moses (Christian Bale) sehen, und das auch erst, nachdem er von Schafen auf den Berg Horeb gelockt und im Gewitter von einem Steinschlag am Kopf getroffen wurde. So lässt Ridley Scott die Frage offen: Gibt es Gott so oder ähnlich, wie es im Alten Testament steht, oder ist er nur eine Imagination eines Moses’ mit leichtem Dachschaden?

Wenn die Armee des Pharao am Ende in den Fluten des Roten Meers versinkt, türmen sich gigantische Wassermassen. Dass das Meer zuvor den Israeliten den Weg frei gemacht hat, ist die Folge einer Ebbe, vielleicht eine von Gottes Hand.

Überwältigungskino und Intimität mit Christian Bale

So setzt Scott neben intime Szenen größtes Überwältigungskino. Denn das Gotteskind hatte zu Moses gesagt: „Ich brauche keinen (sanften) Hirten, ich brauche einen (wehrhaften) Feldherrn!“ Und Moses, der das ägyptische Prinzenleben hinter sich lassen musste und sich im halbwilden Hirten-Familienleben eingerichtet hatte, entscheidet sich für die Pflicht und gegen die Neigung (Frau und Kinder).

Was aber ist die irdische Motivation? Der Anblick von schreiendem Unrecht: ein Volk, das versklavt wurde, erweckt Mitleid. Und ein familien-psychologischer Konfliktmotor ist ein Bruderzwist zwischen Moses als geliebtem Pharao-Stiefsohn und dem schwächeren leiblichen Sohn.

Aktuelle Fragen und Modernismen

Dazu gibt es politische Anspielungen auf Diktatoren (den Pharao), die auf ihr eigenes Volk schießen lassen, was andere (Moses) dazu zwingt, militärisch gegen den Bürgerkriegsaggressor vorzugehen. man denke an das zaudern der USA im syrischen Bürgerkrieg.

Aktuell sind Flüchtlings-Wanderungen angedeutet. Schließlich macht sich ein ganzes Volk auf ins „Land, wo Milch und Honig fließen“, wo sie aber erst einmal nur Staub und Steine vorfinden – und natürlich ein anderes Nomadenvolk, das sie verdrängen müssen. Und um uns eine dreitausendreihundert Jahre alte Geschichte näherzurücken, scheut Scott auch keine Modernismen, wie Gespräche am ägyptischen Hof, die klingen wie heute am bürgerlichen Familientisch.

Schlachten wie von Altdorfer gemalt

Dagegen gibt es Schlachten, so dicht wie von Altdorfer gemalt, Plagen, so plastisch, dass sich der Nil von Blut rot färbt, Heuschrecken, die alles überziehen, und Luftaufnahmen, die antike Städten so genau abbilden wie eine heutige Großstadt. Das alles sind gewaltige Kinobilder und viel Stoff nachzudenken.

Kino: Gloria, Mathäser, Münchner Freiheit, Royal
R: Ridley Scott (USA, 142 Min.)

 

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