"Louder than Bombs": Familienaufstellung

Mit großer Wärme für seine Figuren gelingt Joachim Trier mit „Louder than Bombs“ ein Psychogramm.
Das wunderbare an diesem Film ist das Mosaik-Spiel, das wir Zuschauer mitspielen – und es ist dreidimensional, weil es drei Sichtweisen durchspielt: der ältere Sohn (Jesse Eisenberg), der in seiner Karriere kurz davor steht, ein Jungprofessor zu werden; dann sein zwölfjähriger Nesthäkchenbruder und eben der Vater (Gabriel Byrne).
Alle drei haben zwei Jahre zuvor jemanden verloren: die Mutter, beziehungsweise die Frau. Und das psychologisch Wahrhaftige von „Louder than Bombs“ ist: Alle machen es richtig oder versuchen es, richtig zu machen – und doch machen alle Fehler: der Junge (Devin Druid) als sich einigelnder Pubertierender, der die Welt der Erwachsenen nur noch als verlogen empfindet.
Die wiederum – in Person des Vater – versucht, doch noch an ihn heranzukommen. Und der ältere Bruder am Beginn seiner Karriere? Der zweifelt noch einmal am Weg in die Verdrängung durch Workoholismus und in die Mittelklasse-Familienidylle.
Es sind nur ein paar Tage, die der Film zeigt. In ihnen wird noch einmal das Leben in der liberalen, aber auch etwas ungewöhnlichen Familie aufgerollt: Hier war mehr der Vater für die Kinder da, denn die Mutter (Isabelle Huppert) hatte keinen normalen Beruf – sie war Kriegsreporterin und fühlte sich so zwischen allen Welten: dem Familienleben, dem sie sich zunehmend entfremdet fühlte, je mehr sie auf Schlachtfeldern unterwegs war, um als ihre Berufung der Welt einen Spiegel vorzuhalten.
Als sie bei einem Autounfall stirbt, wird dem jungen Sohn aus Schutz verheimlicht, dass es Selbstmord war. Und so legt „Louder than Bobs“ sein ganzes Gewicht auf die Frage, wer wann wie viel Wahrheit verträgt. Und: Wie ehrlich man zu sich selbst ist. Dass der Film dabei alle vier Familienmitglieder liebt und versteht, gibt diesem Drama eine Wärme, ohne dabei weich zu werden.
Kino: Monopol B&R: Joachim Trier (Norwegen, USA, F, 109 Min.)